7/15/2009

Der Ekel, Jean-Paul Sartre

Wer sich für den ganzen literaturwissenschaftlichen Kram interessiert, darf hier klicken und bekommt griffige Oberflächlichkeit mit anzweifelbarem Schlusswort.

Denn so verhält es sich ja mit grimmigen Klassikern, oder? Woran erkennt man eigentlich einen grimmigen Klassiker? Ganz einfach: dass er nie direkt verfilmt wird aber eben doch ein Hauptbestandteil aus dem mainstream nicht mehr wegzudenken ist. Beim Ekel wäre das die Verzweiflung.

Eigentlich sollte der Ekel Melancholie heißen. Warum die Umbenennung? Wahrscheinlich weil Ekel ein griffigeres Gefühl ist. Beim bösen M-Wort denkt man an seufzende Weiber auf Balkonen und impotente Männer vor dem Medizinschrank. Ekel ist da anders: hier ist ein Reiz, der durchs Gedärm geht, etwas, das ein Ereignis verursachen kann - das kann dann ekstatisches Erbrechen, Suizid und/oder Genozid sein (und somit eine Schau).

Und wie gestaltet sich der Konsum des Ekels (welch vokabulär interessanter Satz! Ursache und Effekt als Gegenstand einer Prozesslichkeit... exorbitanter Schwafelfaktor!)? Dünnflüssig und eher seicht. Da gibt es einen Protagonisten und der liest und schreibt den lieben langen Tag und er haust in einer bedeutungslosen Stadt, umgeben von bedeutungslosen Menschen. Sein Leben ist so uninteressant, dass einen der Hype um das Buch (seine "Klassiker"-Aura) weiter vorantreibt. Belohnung sind Sätze, die enorm schlicht und wahr erscheinen, dabei keineswegs die Erbauung des Leser beabsichtigen und wahrscheinlich nur zwischen zwei Weltkriegen geschrieben werden konnten. Historisch ist der Ekel nah an der angloamerikanischen Noir-Tradition und man könnte hier einige Bezüge herstellen. Einer gegen alle. Einer unter/über allen. Das All in dem Einem. Alles in einem.

Ein kleiner Tipp: Camus ist zwar auch Franzose, aber er kann etwas besser schreiben als der hauptberuflich als Philosoph tätige Sartre. Und wer meint, dass ein kleines Hobbyblog aus Germanien hier die Wucht, den Nachhall und das gegenwärtige Wiedererstarken des Existenzialismus umreißt, der hat sich noch nicht genug geekelt.

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