9/26/2008

Snow Crash, Neal Stephenson

Da sprühen die Funken. In einer einmal lässigen Geste kreuzt Stephenson pynchonesque massive Leichtigkeit mit Gibsons Cyberpunk-Maximen (halbwahre Kaufargumente auf der Rückseite). Es bietet sich ein erhabenes, detailliertes, auf Umwegen glaubwürdiges Bild der (um 1990) nahen Zukunft. Der Held heißt Hiro Protagonist (!) und ist sowohl ein Hacker, der im Metaverse (ein im Genre bekanntes dreidimensionales WWW) umhergaunert als auch mit Samuraischwertern umgehen kann. Das ist an Coolness kaum zu überbieten. Er trifft auf YT, die als Kurierfahrerin die Heiligkeit des Skateboards auf dem Highway demonstriert.

Stephenson wirft mit den fantastischen Ideen nur so um sich und ist kaum zu stoppen. Auf jeder Seite bieten sich abstruse und trotzdem merkwürdig glaubwürdige Panoramen. Die Geschichte ist wahrlich episch: es geht um die ersten Hacker und ihre Tontafeln in Sumer. Ja, Sumer. Snow Crash ist eine Ausarbeitung von kommunikationswissenschaftlichen Theorien und postuliert die grandiose Virulenz von Information durch Sprachen, Migration, Köpfe und Ideen: Wissen ist wie Herpes. Dabei ist der Roman keineswegs schwierige Lektüre. Unheimlich! Man muss es lesen, um es zu glauben.

Außer Wakizashis, gatling guns für die Aktentasche, Fernsehen, Wasserstoffbomben, KI-Bibliothekaren, Babylon, unscheinbaren US-Präsidenten und der Mafia als Franchise-Unternehmen spielt auch das sogenannte Floß eine Rolle: es ist eine schwimmende Stadt aus Pontons, Gerümpel, und dem Flugzeugträger Enterprise. Waterworld lässt grüßen. Da Snow Crash über 15 Jahre alt ist, hat Herr Costner diese Idee anscheinend gestohlen.

Deshalb macht man hier im Graben gern Platz für Géricault.

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