3/03/2011

Junkie, William S. Burroughs

Rein damit. Hier. Schwierig ist es, weil so sehr kurz und herb. Jede Zeile zählt: im Vergleich zu Naked Lunch, wo dank cut-up-Technik gern mal eine Vulgarität unter'n besudelten Tisch fallen kann, gibt es hier eine fix nach vorn tretende Geschichte. Der Erzähler, einst unter Pseudonym und Deckname verhuscht, pflegt seine Gewohnheiten - und ihm selbst ist vieles enorm klar und schlüssig, wie das so oft ist im modernen Leben. Der Leser muss sorgfältig seinen Worten folgen. Wenn das Ich einen seiner vielen erklärenden Absätze beginnt, setzt es sich gegen eine virtuelle Journalistenmeute zur Wehr, die dem Junkie i. A. einiges nach- und andichtet. Die hier gelieferten "Fakten" sind teils banal, teils viel schlimmer als vermutet. Welcher Horror ist schlimmer, der sensationsfixierte oder der alltägliche ("authentische")? Vielleicht ist es vor allem die letztlich eiskalte, zweckmäßige Stimme von Burroughs, die schlimmer wiegt als all der Ekel und die Verachtung. Ist das noch Provokation? Es ist eine Geschichte von einem radikalen Anderswo, das zufälligerweise die gleichen Geographien hat wie das "normale" (nüchternere) Leben der Mehrheit. Das Schockieren ist hier niemandes Intention. Und das verstört nachhaltig.

Fünf Jahrzehnte soll das Ding auf dem dünnen Rücken haben, und somit lag dem Konsum auch eine mehrfach redigierte, komplettierte und angepasste Version vor. Sehr aufschlussreich dabei das Vorwort, dass Penguin hier hinterlassen hat, denn die Publikationsgeschichte selbst trägt zum Charakter dieses Klassikers bei. Seltsam, wie wenig sich auf diesem ertragreichen Markt der illegalen Substanzen getan hat. Das bessere (andere) Leben durch (spezielle Bio-) Chemie dürfte ohne Burroughs nicht so abgründig illustrierbar sein. Könnte daran der infizierte Volkskörper genesen oder ist das hier nur finstere Propaganda?

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