8/30/2012

Neuropath, Scott Bakker

Hier oder hier. Eigentlich ist das ein Strandreißer mit fixem Plot, bedrückender Thematik und einer vertraulichen, menschlichen Erzählstimme. Aber eigentlich ist dies ein neurowissenschaftlicher Seitenhieb, ein Roman der famose Entwicklungen zwischen Körper und Geist zum Thema hat und daraus eine verstörende Ethik formuliert.

Der Mörder ist hierbei ein Hirnmanipulator der den Menschen auf seine synaptischen Schaltkreise und weiche Fleischlichkeit reduziert. Und eben weil er es kann, wird die einem Kriminalroman zwingende Hintergrundsethik (dieser humanistische Quatsch mit Vokabeln wie Verbrechen, Schuld, Sühne, Verantwortung...) deutlich invertiert. Wer ist denn wirklich am Werk bei bösen Taten: der Teufel? Ein Opfer? Die Amygdala? Hormonelle Stimmungsschwankungen?  Bakker schafft es, "the argument" so richtig fein auszuformulieren und dialogisch aufzubereiten. Die unangenehme Erkenntnis: das sogenannte "böse" ist eine unter vielen Nervenverschaltungen. Man kann es auch abschalten.

Wenn man ein Weltbild hinzuaddiert, welches den Menschen als homo rapiens, als überbordenden Pilzbefall auf der Kruste des dritten Planeten dieses Sonnensystems begreift, verfinstert sich die Krimilektüre weiterhin. Gut so. Die Lektion des Neuropathen: es gibt Domänen, die gerinnen in die Nichtigkeit, wenn man sie überhaupt manipulieren kann. Das Gehirn ist kein Uhrwerk, keine zentrale CPU (die manchmal tickt und manchmal stockt): es ist ein immanenter Realitätsmörtel und keinesfalls ein neutraler Spieler im argumentativen Feld.

Dragon Age 2, Bioware

Hier. Und da. Sehr anders als der Vorgänger: weit stromlinienförmiger, schnittiger für die sogenannten Gelegenheitsspieler (?): ordentlich viele cut scenes, Dialoge ohne Ende, und ganz früh ganz dicke Drachen. Ist ja auch auf der Verpackung, so'n Ding!

Es ist das Surrogat der traditionellen RPG-Prinzipien und man kann das halten wie ein Dachdecker: ja, der Plot ist dadurch persönlicher und epischer, ja, der Spielcharakter hat einen festen Namen und eine Stimme und, ja, die Mitstreiter gewinnen dadurch auch an Tiefe.

Blöd nur, wenn man gerne Zahlen verteilt, wenn man sich gern Rüstungsklassen ausrechnen will und so. Diese Statistiken nimmt einem DA2 auch ab, sogar ein praktisches Sternesystem hilft, nützliche items von Ramsch zu unterscheiden. "Ramsch" ist generell eine vorgegebene Kategorie im minimalistischen Inventarsystem: besteht ein RPG nicht zu großen Teilen mit eben jener Unterscheidung, mit der Ramschigkeit von "Streitkolben +2" und "Wurfäxten des Donnerhagels"? DA2 ist für Touristen und die muss es ja auch geben, da sie Devisen in entlegene Gebiete bringen.

Wie schon beim ersten Teil verwundert und erfrischt die Beischlafoption: man kann tatsächlich unter Zwergen, Elfen und Menschen auch durchaus vielerlei abgreifen. Wenn Teil 3 endlich Orks und Trolle integriert und man dann auch die zum Kerzen(-licht-)dinner einladen kann sollte der Erfolg garantiert sein. Ist das dann Zoophilie? Ah, dieses verwirrende Genre...

8/25/2012

On the Waterfront, Elia Kazan

Dieser. "Conscience... that stuff can drive you nuts!"

Brando könnte ein Synonym für Klassiker sein, die Definition eines Schauspieler-Berühmtheit-Charismaarbeit-Hybriden. Ein Vehikel mit eigener Schwerkraft, ein Stern im wahrsten Sinne des Wortes. Und er ist in DotW tatsächlich grandios und unanzweifelbar, vor allem, da der Film wie um ihn herum gestrickt scheint: seine Rolle lässt ihn als unruhigen, zornigen und fehlerhaften jungen Mann erscheinen, der (sich) mit den etablierten Gesetzmäßigkeiten unter den Hafenarbeitern erst arrangiert, dann kontaminiert und schließlich kollidiert.

Es ist klassisches Tragödienmaterial, jedoch ist der Held nicht mehr ganz so jugendlich und stolpert auch nicht unverhofft in die Geschehnisse hinein: er macht sich zunächst deutlich schuldig und es dauert, bis er sich diese Schuld eingesteht. Natürlich muss das Ganze dann körperlich ausagiert werden und Brando muss und darf dann das tun, was Männern selten strittig gemacht wurde: er darf zur Arbeit humpeln. Vielleicht ist das das Ende der Jugend.

8/24/2012

Incognito: Bad Influences, Ed Brubaker, Sean Phillips

Hier, Sequel zu jenem. Wie sagt man so nett? Ein Schritt zur Seite, keiner nach vorn.

Noch immer gibt es hier eine seltsame, aber irgendwie schlüssige Welt von old-school-Superhelden, die von den Superschurken kaum zu unterscheiden sind. Es gibt Rehabilitationen, aber auch Rückfälle und Trugschlüsse. Die Umhänge hier können nicht über ihre Träger hinwegtäuschen: keiner ist edel, keiner hat ein reines Gewissen. With great power comes... great power. Und so füllt man in der Welt von Incognito das Vakuum mit menschlichen, allzu-menschlichen Bestrebungen.

Die Zeichnungen sind wundervoll, eine Mischung aus räudig und exakt. Sie entsprechen dem noirigen Inhalt: auf der einen Seite die Verwandtschaft zu acht Dekaden Schundunterhaltung, auf der anderen Seite die absichtliche Ernsthaftigkeit, um die finstere Stimmung zu vermitteln.

Famos die stark in Szene gesetzte Strahlenkanone. Sie sieht sehr, sehr albern aus, doch sie veralbert nicht ihren Träger und markiert Incognitos einmalige Stellung im besten Genre der Welt.

Fallout: New Vegas, Obsidian Entertainment & Bethesda Game Studios

Hier, bang-bang. Ist das ein sequel? Nein. Spin-off? Auch nicht. Es ist Fallout 3, wie es auch hätte sein können: da das Vehikel ja so erfolgreich war und solche Sandkisten-RPGs schnell süchtige Fans verursachen, hat man eben dieses Teil publiziert. Die Marke gibt es her. Denn sie will es ja auch.

Und was schon beim chronologischen (aber nicht evolutionshistorischen) Vorgänger froh machte, macht hier auch froh: grau-beige Apokalypse, Ruinen, Dialoge ohne Ende und wundervolle Schrotflinten, die immer wieder Köpfe in Einzelteile zerlegen können. Wieder fliegen Teile des Kiefers und Augäpfel meterweit. Ist halt eine herbe Gegend - statt der nukularisierten Umgebung von Washington gibt es hier freilich das neue Vegas zu erforschen, inklusive Hoover-Damm und Wüsten-Chic. Neue Römer gibt es, und auch Ghule im Weltall. Und Roboterhunde mit Leihhirn. Fein. Bekloppt, aber fein.

Was nicht gut war und auch nie gut sein wird: inhaltlich gesehen fehlt die Anfangssequenz, die einem den Protagonisten ans Herz legt. Hier muss nur fix ein Name eingehackt werden, Geschlecht-Frisur-Wangenknochen kalibriert werden und ab. Die Kleinkindphase bei FO3 war schon fein. Aber vor allem, und das macht den Umstand, dass das Ding trotzdem durchkonsumiert wurde, geradezu entmutigend, ist folgender gravierender Umstand, der die Marke wohl auf ewig entstellen wird: FO:NV hat noch mehr Käfer als FO3. Es hakt und stockt und lädt und flockt. Es nervt. Der Showdown wird mit einer Mischung aus Genugtuung, Erleichterung, und abklingendem Masochismus begangen. So dauert es mindestens sechs Monate, bis ein neuer Durchlauf in Erwägung gezogen werden könnte.

8/22/2012

Shooting Elvis, Robert M. Eversz

Hier. Wir brauchen keine Einleitung, wir brauchen keine mehrzeilige Introspektion und auch keine Mehrperson-Reflektion. SE geht voran und wenn man das Ding nicht mag, dann vielleicht wegen der recht eindimensionalen Schilderungen der an Warhol angelehnten Boheme-Kunst-Avantgarde-Coolness-Kiste. Denn die missverstandene junge Frau gerät in die große Stadt und kommt zur Kunst, als Muse und als Alibi. Der Autor nutzt das gleich für einen kleine Pop-Grundkurs, der der Heldin freilich gut tut, da er nichts mit dem prügelnden Vati zu tun hat.

Aber allzu berechenbar wie ein Punksong ist dieser sehr rasante (auweia, "rasant" sagen doch nur Zeit- bzw. Hörzuleser, oder?) Text doch nicht, denn er hält bis zum Schluss seine Geschwindigkeit durch. Die kleine Irre lässt sich nicht kleinkriegen. Erst Knüppel lassen sie niederknien. Jawohl, es geht vor Gericht - jawohl, Disney wird sich wohl eher nicht die Filmrechte sichern.

Ein famoses young-adult-Ding, aber der adult-to-be sollte nicht allzu young sein, denn die Jugend soll sich ja nicht alles verbauen, mit Massenmord, Verrat und Raub oder ähnlichem.

8/17/2012

Batman: Year One, Frank Miller, David Mazzucchelli

Hier, endlich. Urlaubszeit ist Batman-Zeit. Dieser fängt hier an und hat noch ganz stumpfe Ohren und ganz sicher keinen Urlaub. Dann wird er auch noch angeschossen und taumelt umher. Vielleicht lohnt sich ein Umzug nach Metropolis? Aber nein, wird schon. Wissen wir ja.

BYO ist also eins dieser Prequels in dem Genre, das die origin stories eigentlich erfunden hat. Jaja, Gammastrahlen, Spinnenbiss, galaktischer Schmuckversand... Hier geht es nun um die Zeit zwischen den toten Eltern und den ersten Batarang-Würfen. Frank Miller durfte ran weil er schon die Phrase "Dark Knight" mit dem alten Batman publik machte und vielleicht einer der ersten (zumindest einer der erfolgreichsten) war, der Superhelden als Wesen mit Biographie begriffen hat. Sein Bruce Wayne, ein nicht augmentierter Menschen, ist ein feiner Leidensknoten und nur in zweiter Hinsicht der Fokus von allerlei Aktion und Krawall. Das ist/war neu. Ob dadurch comics zu graphic novels werden und an sogenannter "Tiefe" gewinnen, sei dahingestellt. Batman Begins ist ohne BYO nicht möglich gewesen, und wieder finden sich hier einige panels, die eins zu eins in Nolans Film übertragen wurden.

Commissioner Gordon ist auch noch nicht Commissioner. Da haben sich ja zwei gefunden - so können sie den Mythos des Anfangs von zwei Seiten bespielen. Die Freude beim Konsum liegt wie bei jedem prequel: man erkennt Aspekte und Fluchtlinien, die auch beim etablierten Kernprodukt bestand haben werden. BYO schafft Ordnung in einem eigentlich schon sehr ordentlichen franchise.

8/15/2012

Prometheus, Ridley Scott

Freilich jener. Was bleibt? Ein ähnlich lange erwartetes Produkt wie der finale Batman wurde nun endlich konsumiert und zieht sich doch ein wenig in der Verarbeitung... zu hohe Erwartungen, die zwangsläufig enttäuscht wurden? Mitnichten. Denn dieses Prequel-Sequel-SpinOff-Reboot löst sich auf feine Art und Weise von den Bilderwelten der Vorgänger (Nachfolger), indem es den düsteren Industrie-Charme der Korridore und Hallen durch eine vollstveredelte Großgeldlandschaft ersetzt: dieses Raumschiff (auch wieder mit einer "Mutter" und einem "Vater") hat Helligkeit, glatte Oberflächen und fast schon gemütliche Kurven. Bestimmt gibt es eine Freisprechanlage mit Siri drin. Eine wahrlich schöne Maschine. Das Cockpit ist nicht diese Front aus Knöpfen, diffusen Leuchtreihen im Dunklen, nein, es ist ein Glaskasten und homo rapiens darf sich stabil an eine Art Bar stellen. Der Mensch baut sich quasi dem rasenden Raum gegenüber auf. Die Raumanzüge sind ebenfalls deutlich weniger beklemmend. Recht so.

Ja gut, wenn die Probleme anfangen, werden auch die schönen Wände besudelt aber die herrliche "Cut-R-Up"-Selbstchirurgiestation ist immerhin hell und touchscreened und effektiv.

So wird dann das Grauen auf dem Planeten noch besser in Szene gesetzt - die engineers sind biotechnologische Hybriden, die mit der Technologie verschmolzen und zu etwas anderem wurden - Maschinenmenschen zweiter Ordnung. Letztlich ergeben sie eine grausame Maschine mit einer angeschlossenen Maschinerie - und hier kommt das gute alte Alienmotiv wieder: der Navigationssitz des space jockeys wird in aller phallischer Macht inszeniert und zeigt auf das objective. Eine WMD innerhalb einer noch viel größeren WMD.

Und zwischen den zwei Maschinerien, der schönen und der grausamen, steht das beste Crewmitglied der Welt - ein Androide wie es noch nie einen Androiden gab. HAL? Data? Wally? Nein, nein, nein, das einzig relevante Kunstwesen heißt David und ist der Sohn der nie Vater wird und der somit sowohl die Hoffnung als auch der Schrecken jeder paternalistischen Gesellschaft sein dürfte. Genial gespielt von Herrn Fassbender  darf dieses Wesen überleben und muss vor allem nicht die Menschheit retten, denn es ist besser als sie. Es ist der nächste Schritt, es ist immun gegen die Xenomorphs, die engineers und ihre Stammbäume: David hat sich befreit. Gespannt wartet man auf die wohl ähnlich wuchtige Fortsetzung dieses Prequel-Sequel-SpinOff-Reboots - da muss es dann doch einen Goliath geben, hu?

8/13/2012

Lonesome Dove, Larry McMurtry

Das hier. Erstmal Gesicht trocknen. Diese fast eintausend Seiten sind ein treues Brikett vorm Gesicht, eine grob gedruckte Einheit aus Recyclingpapier und Kleister. Dieses Ding lauert in Bücherregalen jahrelang, nur um dann in verblüffend hoher Geschwindigkeit zerkaut zu werden.

Es ist eigentlich eine Seifenoper im Wilden Westen. Es gibt eine Handvoll kämpfender Kämpfer und reitender Reiter und dann gibt es den Horizont. Die Frauen sind freilich entweder Mutter oder Prostituierte, meistens letzteres, und bezüglich der Lebenshärte dem Land teils ebenso angepasst wie die Männer. Es wird geschossen. Und dann wird notdürftig gewohnt und ausgehalten, bis wieder weiter geritten und geschossen werden muss. Es gibt keine singulären Helden, das dicke Ding gewinnt vor allem durch die Vielzahl der Statisten, Fluchthelfer und Bauernopfer an Fahrt. Die Dialoge sind markig, prägnant und nie zu reflexiv. Auf nach Montana, keine Zeit für Quatsch.

McMurtry ist noch epischer, als der Umfang des Konsumguts erahnen lässt - mit seiner sachlichen Erzählweise, die sich eher an den Bewegungen (nicht aber der Beweglichkeit) der Dinge und der Verletzungen (nicht aber der Verletzlichkeit) der Körper fest macht, kann er durch bloßes Weglassen den ganzen mythischen Horizont des Westens hinaufwuchten. Aus der Summe der großen und kleinen Taten der Helden und Heldinnen steigt das dicke W empor und man will zum einen erfahren, wer denn nun überlebt und wer nicht und man will auch mehr von diesem Bild haben, von diesem Horizonteffekt. Das ist vielleicht eine Küchenepik, aber immerhin: auf Seite neunhundert zeichnet sich ein rotglühendes Cinemascope-Ende ab, das einen weiter aus der Küche heraus entführt und dann rhythmisch seufzen lässt. Bei McCarthy ist das anders, da seufzt man ob der Menschenleere, ob der erschöpften Materialien. Bei McMurtry seufzt man ob des geschundenen Chors, ob der zähen Menschenmenge, die den Kühen, Flüssen und Steinen doch irgendetwas abringt - und sei es ein wöchentlicher Kuchen.

Assassin's Creed 2, Ubisoft

Das hier. So viele Soldaten/Polizisten hat man selten vom Giebel geschubst. Und wenn man sie auch absticht, so kann man immer noch die Leiche in die Straße werfen und sich am Erschrecken der Fußgänger laben.

Die Kombination aus SciFi, Historien-Action und Schleichen funktioniert prachtvoll, obgleich sich die Queste sehr ähneln bzw. aus den immer gleichen Elementen bestehen (töten, hauen, töten, schleichen, töten, reden, töten...). Aber wo trifft man sonst historische Gestalten und einen der wohl beweglichsten Protagonisten der Spielegeschichte? Der Edelmörder parcouriert sich durch alle drei Dimensionen und netterweise nimmt einem die Steuerung recht viel ab: Mecki Messer ist von allein akrobatisch und flexibel genug.

Seltsam wieder das Ende: bei diesem Sequel wird es freilich nicht bleiben, aber das Ganze dann auch noch um die Dimension Aliens/Kosmosdrama/Schachteluniversum zu erweitern wirkt zunächst sehr gequält... die weiteren Fortsetzungen haben jetzt eine Bringschuld und müssen diesen dicken Schicken erstmal fein auf dem Teller drapieren.

8/09/2012

The Conspiracy Against the Human Race, Thomas Ligotti

Hui. Hier und hier. Das ganze Menschenpack und seine Perspektive... als Horrorautor und Abgrundstheoretiker macht Ligotti dem Unfug ein Ende. Er ist einer dieser Materialisten, die auch die Existenz von Licht als Mittel zur Erhellung der Welt leugnet und führt auf erfrischende Weise Schopenhauer und eben auch HP Lovecraft ins Feld - eine Kombination, die schon bei Eugene Thacker bestach.

Mit zugegebenermaßen eher literarischem als theoretischem Tonfall macht sich Ligotti an das, was man umgangsprachlich für "übernatürlich" hält, zu entkräften. Das mysteriöse ist eigentlich der exorbitante Lebenswillen dieser Spezies. Er macht sich auch daran, den Pessimismus nicht als optionale philosophische Fluchtlinie sondern als nacktes Denken zu etablieren. Und mit sanftem Grusel kann man Ligotti sehr gut folgen, von belebten Puppen hin zu Phantomgeräuschen im Flur, dem Alptraum des Lebens und wieder zurück.

Es gibt nichts an der Welt, was ein Interesse an ihr von sich aus rechtfertigt. Ein Briefwechsel zwischen Ligotti und Houllebecq wäre wirklich eine Schau. Keine Gaudi im Sinne von "fröhlich," aber eine Schau.

Batman R.I.P., Grant Morrison, Tony Daniel

Hier. Och. Der "Schwarze Handschuh"? So heißt die Feindfraktion hier? Das klingt - seltsam. Vom Typen her ist deren Chef Dr. Hurt (!) eher ein derangierter Casino-Boss und ziemlich eindimensional. Und wieder geht der Ärger erst richtig los, als Bruce ein Mädchen in die Bathöhle lässt.

Fein ist die Idee mit der Backup-Persönlichkeit, die Batman sich hat installieren lassen - selbige kann ihn wiederherstellen, sollte Bruce etwas passieren. Diese Idee mit dem Hirnraub gibt frischen Wind in die Identitätsproblematik, die sich bei den meisten maskierten Rächern kurz oder lang einstellt.
Allerdings ist das Kostüm von der Idee her fein, aber seine Optik ist eine Bestrafung. Gelb? Purpur?! Purpur ist höchstens ein Obst, aber nie ein Kostüm.

Alien Ressurection, Jean-Pierre Jeunet

Fertig! Hier und hier. (Beim Kotzenden Einhorn kürzlich untere Illustration gefunden.)

Bei der Wiederauferstehung (kommt ja in den besten Familien vor) geht gar nicht sooo viel schief. Die letzten Minuten verstören dann aber doch nachhaltig - der Mensch-Alien-Hybrid, der sowohl gurren als auch kreischen kann, hat auch noch Augen.

Es ist von der Logik her richtig, solch ein Vehikel einzubauen, wo doch der Xenomorph in den früheren Sequels schon Eigenschaften des Wirts- und Inkubationskörpers übernommen hat. Es gibt Menschen-Dinger, Hunde-Dinger... und nun also Kinder-Dinger. Kinder können glotzen und staunen und sind ja weder Hunde noch Menschen, doch, klar, macht schon Sinn. Äh.

Augen... um zu sehen und um gesehen zu werden. Gesichter sind Fässer ohne Boden, das sind Arenen, die alles kompliziert machen. Die Gesichtslosigkeit ist ein essentielles Element des Aliens, da mag es folgerichtig sein, dass das Kind-Ding auftritt - doch es fühlt sich nicht richtig an. Als Konsument der vorigen Filme ist man irgendwie um das Kernstück der Reihe gebracht worden. Iiih, es schaut einen an.

Liegt sehr quer, dieses Finale. Die Gene, das Fleisch. Der Blick, das Herz, die Abtreibung. Das Ende?


8/07/2012

Alien 3, David Fincher

Freilich dieser. So ein Stress. Camerons langer Schatten offenbart sich am geschmolzenen Stahl: wie schon beim themenparkverursachenden zweiten Terminator endet Alien 3 in der Gießerei, in der das Böse zusammen mit der sympathischen Hülle vernichtet wird. Ripley/T800 sind dabei nur die Transporteure, die Container des weltenschaffenden (plotgebenden) MacGuffins. Frodo musste nur einen Finger opfern, um von dem bösen, bösen Ding befreit zu werden: in der düsteren SciFi geht das natürlich nicht.

Schön wäre es, wenn man denn auch die originale von Fincher erstellte Version sehen könnte - das vorliegende Endprodukt soll lange durch die durch's Studio veranlasste Postproduktion gegangen sein und den Film entstellt haben. Allein von den Farben her und der Kamerabewegung ist Finchers temporäre Heimat im Video-Clip-Olymp erkennbar. Außerdem ist das Design des Alien sehr fortgeschritten: wie es rennt und wie es springt ist schon sehr fein.

Weitere Bonuspunkte: die Überlebenden aus Teil 2 außer Ripley sterben schwupdiwupp weg. Das stellt die Grimmigkeit wieder her. Die Heldin bleibt allein. Sie wird sogar noch allein-erer, als sie sich der durchweg männlichen Strafgefangenen ausgeliefert sieht, die nun mit ihr in der kontaminierten Grube hocken. Und so setzt sich die Aliensaga als unendliches Drama zwischen Mann und Frau im beengten Raum fort.