12/09/2007

Inland Empire, David Lynch

Uh, Mr. Lynch, seien Sie sanft. Au, nicht so doll. Au! Nein! Aufhören! Langsamer! Iiih, das schabt! Verflixt noch mal! Wieso machen Sie das immer wieder? Ach, verflucht.

Inland Empire ist vom Umfang her sicherlich ein Hauptwerk von Herrn Lynch. Er hat aber bisher immer bizarr-schöne Bilder aufgefahren, um das Interesse und die Faszination des Zuschauers zu wecken und zu halten. Er bot Szenen als Inseln zum Herumspringen. Hier geht das aber eher schlecht. Bei fast drei Stunden Spielzeit geht einfach alles unter. Der einzige optische Anker, den man hat, ist Laura Dern. Die macht das alles toll aber sie kann nicht zur Re-Vision des Werkes verleiten. Lynch hat sich selbst dekonstruiert, er hat aus mehreren Teilprojekten einen Film gebaut und absichtlich so viele Links und Klammern in den Plot eingefügt, dass er zum Ende hin zerfasert.

Vergleich zu Lost Highway: Hier geht es um klassischere Detektivromankonstruktionen, wenn auch in Fragmenten. Die Töne sind hier deutlich maskuliner (wenn auch als Klischee): Frau Arquette ist die Hyper-Ische schlechthin. Einer der Helden ist ein viriler Automechaniker, der andere ein Jazz-Mann mit offenem Kragen. Aggressionen werden mit Marylin Manson und Rammstein unterlegt.

Inland Empire hat jetzt Beck im Programm. Beck passt derweil allzu gut ins Nerd-Chic-Hollywood und ist weit weg von wuchtiger Plakation. Beck ist un-gothic und das ist schön für ihn aber auch schade.

Die Newtonisten wird Inland Empire mehr aufregen als die Derridarianer, aber selbst letztere könnten die Spielzeit auch nutzen, um ein nettes Buch zu lesen.

Beim Inhalt kann man (wie so oft) seine eigenen Wahrheiten finden. Hier eine Option: Laura/Nicki ist der Filmstar, die Ikone, die die eingangs gezeigte Zuschauerin benutzt, um ihr Unterbewusstes aufzuräumen. Probleme hat sie ja, denn polnische Oger kloppen sie ins Gesicht. Der TV-Schirm bzw. die Leinwand werden zum Spiegel (auweia, Lacanisten haben hier eh viel zu kauen), nicht nur für die Zuschauerin, sondern auch für die Schauspielerin. Ein Film im Film, gefilmt als Film mit filmischen Mitteln. Wer spielt, wer schaut zu? Das sind die üblichen Fragen, die gestellt werden. Hatte Lynch die Hollywoodhölle nicht schon in Mulholland Drive eindringlich dargestellt?

Symbolisch fallen hier vor allem Innenräume auf, die es zu erforschen gilt. Hallen, Zimmer, Flure, Gänge und Türen sind eine überdeutliche Metapher für erzwungenen und vorenthaltenen Zugang. Bei Lost Highway gibts Autos und der echte Mulholland Drive ist eine schlingernde Serpentine am Rande des Wunderlands. Inland Empire ist eine Totalität und führt somit zu Stagnation auf hohem Niveau. "Da ist mehr" wird an einer Stelle gehaucht. Wieviel "mehr" verträgt das Auge bzw. der suchende Blick?

Aber die Häschen rocken arg.

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