1/09/2008

Eastern Promises, David Cronenberg

Ah, endlich wieder Kino.

Cronenbergs jüngstem Streich tut die große Leinwand gut, denn sein Film ist explosions- und fanfarenfrei. Diese Nüchternheit könnte auf DVD oder gar im TV untergehen, wenn es nicht dunkel genug ist.

Aber nüchtern heißt nicht seicht, im Gegenteil. Wie schon bei History of Violence ist der Rückzug für die einzelnen Charaktere des Films bald nicht mehr möglich. Sie und die Zuschauer müssen einiges aushalten: die Kamera hält wie üblich eiskalt da drauf, wo bei anderen Thrillern der Schnitt kommt.

Dafür werden Körper geschnitten sowie gestossen und gezerrt. Der ideelle und der materielle Wert von Blut steht im Fokus: erst ist da das Rot der offenen Kehle, dann das blutig verschmierte Neugeborene. Rasiermesser und Nabelklemme sind Werkzeuge des Endes und des Anfangs. Materiegebundener Existenzialismus, hu? Gegen Ende des Films gibt es kurz das Bild der weihnachtskonformen Familie, inklusive unbefleckter Empfängnis und seltsam isoliertem Joseph. Die Gangstersippe hingegen ist von Anfang an verflucht: wo Frauen wie Taschentücher benutzt werden können nur solche Irren wie Kirill entstehen.

Der Zuschauer ist zuckender Voyeur und das leise Aufstöhnen im Kinosaal verrät den prickelnden Masochismus der Konsumenten.

Man kann noch viel mehr sagen über den Film. Viggo und alle anderen sind wieder sehr gut, obwohl sie keine Russen sind. Organisiertes Verbrechen mit Migrationshintergrund wird ebenfalls tapfer beleuchtet. Hier auch wieder das Stichwort Körperwirtschaft: einmal gestorben ist da nur noch eine leere Hülle die dann mit diversen Codes in Form von groben Tattoos versehen werden kann. Die Nacht der wandelnden Toten? Irgendwie schon.

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