2/23/2009

Ham on Rye, Charles Bukowski

Ein einzigartiger Autor salingert sich durch seine Kindheitserinnerungen und mittelfingert den besagten Platzhirschen kurz ab.

Bukowski ist eine Wucht, so war es und so wird es immer sein. In Ham on Rye beschreibt er die Kindheit und Jugend seines alter egos Hank Chinaski, der ja später auch bei der Post stempeln geht. Der deutsche Titel ist freilich Unfug: "Das Schlimmste kommt noch" konnte nur von einem uninteressierten Lektorat bestimmt werden. Auch sachlich ist das unangebracht. Die miserable Existenz des Henry C. ist und bleibt beknackt und keinesfalls lässt er sich dazu herab, auch nur irgendetwas von der Zukunft zu erwarten, und sei es etwas Schlimmeres. Das macht ja gerade die rohe Kraft dieser unzensierten Adoleszenzierung aus: hier schreibt einer, der schon mit vier Jahren depressiv war. Diese schwarze Perspektive legt die kleinbürgerliche Scheinwelt offen und Chinaski trifft niemanden, von Vorschule bis Kneipe, der nicht ebenso gebrochen ist wie er selbst.

Bukowski ist nicht am Wohlergehen des Lesers interessiert. Hier gibt es keine Umarmungen und Erläuterungen und niemand gibt einen Scheiß auf Deine Mutter. Und gerade diese Ehrlichkeit, die entsteht, wenn alles Prätentiöse fehlt, fesselt. Der wunderbar trockene Abgang des Buches hallt deshalb auch lange nach. Der erwachsene Chinaski spielt mit einem fremden Kind, nur kurz, aber diese Konfrontation löst etwas in ihm aus: er geht fort und seine Geschichte endet.

Im Konsumgraben ist Ham on Rye ein besonderes Buch, denn die deutsche Ausgabe mit dem dämlichen Titel wurde schon vor vielen Jahren verschlungen, allerdings wurde sie dann lange im Regal vergessen. Beim erneuten Lesen im Original konnte die Freude an Bukowski wiederholt und gesteigert werden. Das lässt freilich Rückschlüsse auf die Geschmacksgenese des Konsumenten zu. Vielen Dank an Bukowski und die JCD-Stiftung.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Freut mich, dass es gefiel.
Ich stiftete nicht, ich lieh. ;-)

Zur Sache:
Ich seh die letzte Szene als eine Reprise der Grundbotschaft des Buches: Wenn Du etwas nicht hinkriegst, mach was anderes.
Einstecken können ist wichtig, wenn man am Ende irgendwie obsiegt - wenn nicht, muss man sich damit nicht herumschlagen.
Auf diesen Gedanken läuft es letztlich beim Weather Man mit Nick Cage auch hinaus.

Beeindruckend find ich diese ganzheitliche Verweigerungshaltung, die die suburbane Teilzielerreichung und das aufoktroyierte Streben nach Mittelmäßigkeit in einem lethargischen Alkoholismus ablehnt.
Konsequenter Selbstboykott ohne Kompromisse bis zur Selbstzerstörung.

Sehr schön: Der Alkohol hilft, sich selbst nicht so ernst zu nehmen.

Der Titel ist ins Deutsche nicht übertragbar (ein Leberkas-Semmel?), macht aber einfach ach keinen Sinn. Blödes Lektoren-Pack muss aber jeden Krempel irgendwie aufmotzen, beraubt somit das Werk stellenweise auf den esten Blick seiner Essenz. Dann bleibt es liegen. Schade