2/23/2009

The Noonday Demon: An Atlas of Depression, Andrew Solomon

"Atlas" impliziert eine umfassende Darstellung, eine kühle Durchmessung des Themenraumes, quasi. Das trifft auf das vorliegende Buch nicht zu. Solomon hat zugegebenermaßen sehr viel geschrieben, doch er packt es eher in lose zusammenhängende Essays. Das steht dem Werk aber sehr gut.

Solomon ist Buchautor und Patient. Interessanterweise war er schon immer reich, denn sein Vater ist dick im Pharmageschäft (auch Psychoprodukte, jawohl) und so konnte er eine ordentliche literarische Ausbildung genießen. Ein echter "akademischer Arbeiter" ist Solomon nicht. Er reichert seinen Atlas mit vielen persönlichen Episoden an und gibt sich dabei sehr offen - die Depression an sich steht aber immer im Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Eine Menge Recherchen und Interviews stützen sehr interessante Texte, unter anderem zum Thema Wirtschaft, Gesundheitssystem und Selbstmord. Auch hochinteressant ist die Beschreibung der Heilmethoden in Afrika und bei den stets schwermütigen Inuit: dabei tritt Solomon aber nicht als weißer Richter auf, sondern unterstreicht die grundlegende menschliche Erfahrung der Hoffnungslosigkeit. Ihm geht es nicht um Präzision und klare Antworten - er versteht die Depression als ein aus dem rein medizinischen Diskurs zu befreiendes Thema.

Noonday Demon ist sehr fein und sehr persönlich geschrieben - für ein in das Thema einführendes Buch ist es zu dick und ausgeschmückt doch jeder, der sich auch nur ein wenig mehr mit der Depression als Zustand und Konzept befassen will, kann sich hier gut festbeißen.

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