12/06/2010

A Million Little Pieces, James Frey

Skandal! Hier. Ungestüm wurde mit diesem Produkt umgegangen, denn es stellte sich die Frage, ob der Autor einen Roman oder eine Autobiographie geschrieben hat. Bei Oprah Winfrey kam es zum Eklat, so geht die Legende. Es stellt(e) sich wieder die alte Frage: ist eine gute Geschichte immer noch eine gute Geschichte, wenn sie in der vorgetragenen Form nicht stattgefunden hat? Herrn Frey kann man fix verzeihen: als Romancier hat man ja immer Hunger. Der hat an die vielen Dosen gezuckerte Ananas gedacht, als ihm sein Verleger ausrechnete, wieviel die Vokabel "Tatsachenbericht" auf dem Cover seines Buches bringt.

Sei es drum. Das ist ein gutes Ding. Biochemische Eskapaden und Ruinen wurden selten so schmissig präsentiert.

Es geht um einen längere Kur. Hans Castorp winkt lässig vom Liegestuhl nebenan? Fast: hier gibt es rehab deluxe, der Held und Ich-Erzähler ist ein multi-user twen und zerschrammt bis auf die Knochen. Nach und nach kommt die Vergangenheit in die ernüchternde Seele und mit den Mitinsassen muss man sich auch arrangieren. Dann ist da die Liebe. Dann ist da die Familie. Auch eine amerikanische Karriere, die sich hier verfolgen lässt.

Frey schreibt schön schnell, in vielen kurzen Sätzen und uferlosen Absätzen. Seltsamerweise fällt das Verzichten des Blocksatzes dabei besonders positiv auf. Wie eine EKG-Lebenslinie zieht sich die Geschichte den Seitenrand hinunter, auf das bittere Ende hin. Über AMLP lässt sich vortrefflich streiten, vor allem, weil man sich immer über Sinn und Nutzen der Junkie-Persona in Theorie und Praxis auslassen kann. Dabei macht Frey und auch das Getöse um diesen Roman deutlich, wie zeitgemäß doch dieser Prototyp des Totalkonsumisten eigentlich ist.

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