Whoa! Journalismus! So kann es auch gehen? Unerhört!
Also: Read Hard ist ein Schrank voller amerikanischer Essaykunst, die sich mit diversen Dingen mehr oder weniger journalistisch beschäftigt. Groteskes, Gehetztes, Vergessenes, Kerker und Drachen, Transsexuelle, Autofahren, schlechte Drogen, Biographisches, Menschen, Menschen, Menschen.
Die Sammlung ist eine multiple Kreuzung: in viele Richtungen kann nun weiter gegooglet werden. Brian Evenson wurde durch diese Texte gefunden, und arg persönliche Popkulturmelancholie auch.
Warum gibt es hier keine Zeitschriften, die sowas können? Qualitätssicherung und kreative Freiheit in einer ansprechenden Vielheit. Das System der Zielgruppendiktatur gehört filetiert. Kauft doch Bild und Neon, ihr Kunden.
Hier ein Link zum Believer, ihrem Verlag sowie dem konkreten Produkt.
12/14/2009
The Open Curtain, Brian Evenson

Jedenfalls enthüllt der offene Vorgang nur sich selbst, beziehungsweise die unerträgliche Vorhangsexistenz in eines jeden irdischen Leben.
Ja, hier werden Körper-Geist-Phänomene behandelt. Ja, es geht ruppig zu. Ja, es geht wieder um die Rolle des Glaubens der Christen und/oder Mormonen. Nein, es hat nichts mit Stephen King zu tun. Nein, es hat nichts mit Gottesvereumelung zu tun oder mit Mörderkult. Evenson unternimmt einen energiegeladenen Grenzgang und zeigt enorm viel Brüchigkeit bei Augen, Zeugen, Augenzeugen und irdischen Fleischgefängnissen.
Und wenn dieses Geschwafel nicht zum Lesen auffordert, hier die Kurzfassung: supergut. Dieser Text ist eine Freude, und dazu noch innovativ und vorsichtig weise.
Hier Evensons HP.
12/12/2009
The Steel Remains, Richard Morgan
Die Rumpelfantasy kommt ziemlich in Schwung. Und wie sie rumpelt! Die Sensation vorweg: einer der Helden ist ein schwertschwingender Hallodri, der nicht auf Frauen steht. Allerhand! Und dabei liefert er genug testosteronoide Barbarengesten ab, um als Held zu bestehen. Recht so! Nieder mit der Tolkienschen Asexualität und dem diesbezüglichen Schweigen im Genre! Wenn Leiber so divers zerhackt werden, dann können sich Leiber auch divers annähern.
Morgan hat das erste von drei geplanten Werken geschrieben (ja, das Genre neigt weiterhin zur Oper) und macht klar, dass in diesem erbarmungslosen Prügelkosmos auch Elfen-KZs erwartbar sein können. Genau wie Abercrombie steht dem Ding keine Weltkarte vor, so dass man sich die fiktive Geographie ableiten muss. Gut so. Fantasy-Karten sind was für asexuelle Axtschwafler! Sauron hat den Punk nicht verstanden, hu?
Morgan hat das erste von drei geplanten Werken geschrieben (ja, das Genre neigt weiterhin zur Oper) und macht klar, dass in diesem erbarmungslosen Prügelkosmos auch Elfen-KZs erwartbar sein können. Genau wie Abercrombie steht dem Ding keine Weltkarte vor, so dass man sich die fiktive Geographie ableiten muss. Gut so. Fantasy-Karten sind was für asexuelle Axtschwafler! Sauron hat den Punk nicht verstanden, hu?
Girlfriend in a Coma, Douglas Coupland
Coupland ist wie ein guter Kuchen: nicht so öde wie Brot und nicht so wuchtig wie Torte, und es gibt immer interessante Fruchtstückchen und ein schönes Belag-Teig-Verhältnis.
Auch dieses Buch ist kurzweilig und lustig, doch das Ende nervt. Es ist eine Sache, respektlos mit Sci-Fi-Elementen umzugehen, doch eine andere, kurz vor Schluss doch noch artig zu kuschen. Mehr Konsequenz bitte! Es darf gestorben werden, hu? Hier arbeitet sich DC ein wenig zu krampfhaft an dem monströsen Schatten ab, den GenX immer noch wirft. Bei JPod ist ihm das besser gelungen.
DC hat sich nicht blamiert, doch für Einsteiger ist dieser Roman kein richtiger Einheizer.
Auch dieses Buch ist kurzweilig und lustig, doch das Ende nervt. Es ist eine Sache, respektlos mit Sci-Fi-Elementen umzugehen, doch eine andere, kurz vor Schluss doch noch artig zu kuschen. Mehr Konsequenz bitte! Es darf gestorben werden, hu? Hier arbeitet sich DC ein wenig zu krampfhaft an dem monströsen Schatten ab, den GenX immer noch wirft. Bei JPod ist ihm das besser gelungen.
DC hat sich nicht blamiert, doch für Einsteiger ist dieser Roman kein richtiger Einheizer.
12/07/2009
My Bloody Valentine, Patrick Lussier
Hier.
Das ist ein Probehäuschen, damit das schöne neue Baubesteck benutzt werden konnte. 3D heißt das reanimierte Schlagwort und Verkaufsargument bei diesem Produkt und es ist tatsächlich was drin, im Sinne von raumtief drin, was draufsteht.
MBV ist ein Slasher, bei dem optisch erträgliche Menschen in unansehnliche Fleischgarnituren verwandelt werden. Die Morde sind mit Bergbauästhetik versehen. Spitzhacken und so.
Das macht Sinn: erstens gibt es Stollen und Höhlen, welche die Möglichkeiten der Raumvertiefung gut nutzen können. Zweitens gibt es offene Wunden und Kavernen der Entleibung (quasi eingefaltete Gewalt am postlebendigem Subjekt).
Und es ist eine Schau: vielleicht liegt es an der Neuartigkeit der Technik, doch hier wird Kino deutlich extremer. Das Auge fliegt mit: nicht nur der Realitätsausschnitt wird nun durch sanfte Vergewaltigung durch den Kinematographen vorgegeben, nein, auch die Realitätstiefe wird nun vorgegeben. Fokus hinein, Fokus hinaus. Schön auch die handwerkliche Sauberkeit der Produzenten: oft wird per Bildsprache die neue Technik kommentiert und dadurch vorgeführt.
Avatar kann nicht so schlecht werden, auch wenn es nur um Blaue Wunder und Karl May geht, wie die Postillen behaupten.
Das ist ein Probehäuschen, damit das schöne neue Baubesteck benutzt werden konnte. 3D heißt das reanimierte Schlagwort und Verkaufsargument bei diesem Produkt und es ist tatsächlich was drin, im Sinne von raumtief drin, was draufsteht.
MBV ist ein Slasher, bei dem optisch erträgliche Menschen in unansehnliche Fleischgarnituren verwandelt werden. Die Morde sind mit Bergbauästhetik versehen. Spitzhacken und so.
Das macht Sinn: erstens gibt es Stollen und Höhlen, welche die Möglichkeiten der Raumvertiefung gut nutzen können. Zweitens gibt es offene Wunden und Kavernen der Entleibung (quasi eingefaltete Gewalt am postlebendigem Subjekt).
Und es ist eine Schau: vielleicht liegt es an der Neuartigkeit der Technik, doch hier wird Kino deutlich extremer. Das Auge fliegt mit: nicht nur der Realitätsausschnitt wird nun durch sanfte Vergewaltigung durch den Kinematographen vorgegeben, nein, auch die Realitätstiefe wird nun vorgegeben. Fokus hinein, Fokus hinaus. Schön auch die handwerkliche Sauberkeit der Produzenten: oft wird per Bildsprache die neue Technik kommentiert und dadurch vorgeführt.
Avatar kann nicht so schlecht werden, auch wenn es nur um Blaue Wunder und Karl May geht, wie die Postillen behaupten.
The Yiddish Policemen's Union, Michael Chabon
Hier.
Dystopische Textunterhaltung in Cinemascope. Wäre da nicht diese Sache mit den Juden... Ganz vorweg: Chabon ist kein eindimensionaler Provokant. Aber die Welt, die er schildert, ist doch eigentümlich politisch geprägt. Zunächst entspannt die Lektüre die furchtbar komplexe Thematik namens Israel und dann macht Chabon doch den Sack zu, indem er beispielhaft mit seinen Protagonisten das Phänomen der Ortlosigkeit sichtbar macht. Alaska, temporärer Rückzugsort der Juden nach WW2, wird geschlossen. Wohin jetzt? Wer macht den Abwasch auf einem sinkenden Schiff?
Die Kerngeschichte ist ein wundervoll angenoirter Thriller mit Goldfingern und Octopussies, und der fabulöse Hintergrund lässt ihn glänzen. Letztlich ist das Thema ja ein altes, nämlich die Rechtfertigung von lähmender Verzweiflung. Zur Entortung kommt die Entzeitung, und so führt Chabon seinen Roman zwar nicht in ätherische Höhen wie seinen Kavalier and Clay, aber er bringt schon ordentlich Distanz zwischen ihm und dem Erdboden.
Dystopische Textunterhaltung in Cinemascope. Wäre da nicht diese Sache mit den Juden... Ganz vorweg: Chabon ist kein eindimensionaler Provokant. Aber die Welt, die er schildert, ist doch eigentümlich politisch geprägt. Zunächst entspannt die Lektüre die furchtbar komplexe Thematik namens Israel und dann macht Chabon doch den Sack zu, indem er beispielhaft mit seinen Protagonisten das Phänomen der Ortlosigkeit sichtbar macht. Alaska, temporärer Rückzugsort der Juden nach WW2, wird geschlossen. Wohin jetzt? Wer macht den Abwasch auf einem sinkenden Schiff?
Die Kerngeschichte ist ein wundervoll angenoirter Thriller mit Goldfingern und Octopussies, und der fabulöse Hintergrund lässt ihn glänzen. Letztlich ist das Thema ja ein altes, nämlich die Rechtfertigung von lähmender Verzweiflung. Zur Entortung kommt die Entzeitung, und so führt Chabon seinen Roman zwar nicht in ätherische Höhen wie seinen Kavalier and Clay, aber er bringt schon ordentlich Distanz zwischen ihm und dem Erdboden.
12/02/2009
Paranormal Activity, Oren Peli
Ja, war es denn nun gruselig? Ja? Voll so Huibu und Schock und Huch und "Aaaah!"?
Falsche Frage.
PA ist freilich das Blair Witch der 00er, aber der Fokus ist leicht verschoben. Die willigen Gruseljünger kennen ja besagten Genre-Urahn, deshalb musste es schon ein wenig innovativer sein: diesmal ist der Horror nicht da draußen, sondern da drinnen. Im Haus, im Heim, im Zufluchtsort hausen die Dämonen und die Protagonistin. Das junge Paar hat keine Kinder. Sonst müssen selbige immer dafür herhalten, den oder die Teufel über die Schwelle zu bitten.
Schön viel Medienreferenz übrigens in der Behausung. Ein gewaltiger Plasmaschirm verdeckt das Panoramafenster im Wohnzimmer, und die WWW-Recherche geschieht auch über elektrifizierte Sehfelder. A Scanner Darkly? Tja.
Die Emotion Angst ist ein seltsamer Begleiter. Gegen Geld will man sie rufen und wenn man sie dann bekommt, wie beispielsweise im vollbesetzten Kino inmitten von plötzlich verstummter Teenagermassen, ist sie doch nicht so genehm. Ist das Schicker Masochismus? Selbsthass? Sehnsucht nach dem Glauben an höhere Mächte?
Den Protagonisten passiert schlimmes. Dabei scheinen sie eigentlich nett. Warum passiert das nicht Mario Barth? Warum bricht bei ihm zu Hause nicht der Gehörnte ein, wieso steckt der ihm keinen Geisterphallus in den Kopf, warum reißt niemand ihm ein Küchenmesser mit Wonne durch die Rippen? Warum zeigt ihn mal keiner im Weinkrampf vor der Treppe? So verschieben sich die Emotionen.
Supergut. Herr Barth atmet vielleicht noch, aber der Film zeigt, was Bild und Ton können und wie irrational man als Konsument eigentlich ist. Der Hype ist annehmbar.
Falsche Frage.

PA ist freilich das Blair Witch der 00er, aber der Fokus ist leicht verschoben. Die willigen Gruseljünger kennen ja besagten Genre-Urahn, deshalb musste es schon ein wenig innovativer sein: diesmal ist der Horror nicht da draußen, sondern da drinnen. Im Haus, im Heim, im Zufluchtsort hausen die Dämonen und die Protagonistin. Das junge Paar hat keine Kinder. Sonst müssen selbige immer dafür herhalten, den oder die Teufel über die Schwelle zu bitten.
Schön viel Medienreferenz übrigens in der Behausung. Ein gewaltiger Plasmaschirm verdeckt das Panoramafenster im Wohnzimmer, und die WWW-Recherche geschieht auch über elektrifizierte Sehfelder. A Scanner Darkly? Tja.
Die Emotion Angst ist ein seltsamer Begleiter. Gegen Geld will man sie rufen und wenn man sie dann bekommt, wie beispielsweise im vollbesetzten Kino inmitten von plötzlich verstummter Teenagermassen, ist sie doch nicht so genehm. Ist das Schicker Masochismus? Selbsthass? Sehnsucht nach dem Glauben an höhere Mächte?
Den Protagonisten passiert schlimmes. Dabei scheinen sie eigentlich nett. Warum passiert das nicht Mario Barth? Warum bricht bei ihm zu Hause nicht der Gehörnte ein, wieso steckt der ihm keinen Geisterphallus in den Kopf, warum reißt niemand ihm ein Küchenmesser mit Wonne durch die Rippen? Warum zeigt ihn mal keiner im Weinkrampf vor der Treppe? So verschieben sich die Emotionen.
Supergut. Herr Barth atmet vielleicht noch, aber der Film zeigt, was Bild und Ton können und wie irrational man als Konsument eigentlich ist. Der Hype ist annehmbar.
11/30/2009
Law Abiding Citizen, F. Gary Gray
Uh, schroff. "Gesetz der Rache" auf Germanisch.
66% des Films gefielen. Und dann ist das Studio eingeschritten. Das Ende ist dämlich, undankbar, verwüstend und einfach doof. Dabei ist keiner der Darsteller ein Unsympath, nein!
Was passiert bis dahin? Rache wird gefeiert, dieses Grundelement menschlicher Existenz und bald einziges Leuchtfeuer in einer enttraditionalisierten Welt. Rache spüren heißt, dass man eine Waage im Kopf hatte, die durch irgendetwas aus dem Gleichgewicht gebracht wurde. Man bedient sich dann des Füllwortes Gerechtigkeit und schüttet Kinder mit dem Bade aus.
Eigentlich ist das dann immer eine Schau, denn außer in Rachefilmen kann nur noch in Zombiefilmen die Zerstörung zuckender Leiber mit Wonne gefeiert werden (bei Kriegsfilmen ist das so eine Sache, denn da ist, uh-uh, immer ein wenig Pathos dritter oder zweiter Ordnung im Spiel).
Nee, unangenehmer Film. Alle sind gegen das System. Na hui. Wo bleibt die Konsequenz? Verflixt.
66% des Films gefielen. Und dann ist das Studio eingeschritten. Das Ende ist dämlich, undankbar, verwüstend und einfach doof. Dabei ist keiner der Darsteller ein Unsympath, nein!
Was passiert bis dahin? Rache wird gefeiert, dieses Grundelement menschlicher Existenz und bald einziges Leuchtfeuer in einer enttraditionalisierten Welt. Rache spüren heißt, dass man eine Waage im Kopf hatte, die durch irgendetwas aus dem Gleichgewicht gebracht wurde. Man bedient sich dann des Füllwortes Gerechtigkeit und schüttet Kinder mit dem Bade aus.
Eigentlich ist das dann immer eine Schau, denn außer in Rachefilmen kann nur noch in Zombiefilmen die Zerstörung zuckender Leiber mit Wonne gefeiert werden (bei Kriegsfilmen ist das so eine Sache, denn da ist, uh-uh, immer ein wenig Pathos dritter oder zweiter Ordnung im Spiel).
Nee, unangenehmer Film. Alle sind gegen das System. Na hui. Wo bleibt die Konsequenz? Verflixt.
Shadowdale, Richard Awlinson
Teil eins des klassischen Avatar-Mehrteilers vom Forgotten-Realms-Franchise.
Auweia.
Schlüsselwort für den Konsum dieses Produktes (es wurde vor einigen Jahren zum Trümmerpreis erstanden und war Teil einer melancholischen Rückbesinnung auf die Jugend und die jugendspezifischen Freizeitbeschäftigungen... ja, es war auch eine Konfrontation mit der eigenen nerd-igkeit) war Avatar. Diese Vokabel wird bald vom Pöbel mit dem Blockbuster von James Cameron verbunden werden.
Auch hier geht es um die Fleischwerdung: die Fantasy-Götter haben beef und poltern hinunter auf die Erde (die hier Faerun heißt) und in menschliche Körper hinein (es geht ja auch um Menschengötter... Elfen- und Gnomgesocks hat das Nachsehen). Dann wird munter weitergeprügelt bzw. -konspiriert. Es geht nur einmal in einen Kerker, ein echter Drache tritt nicht auf.
Das ist wirklicher Fantasy-Porno: alle Schwertkampfstellungen werden durchdekliniert und am Ende wird nicht geheiratet. Noch nicht einmal Humor und Ironie bereichern das Werk, es gibt dem RPG-Opfer einfach ein paar Anreize für die weitere Freizeitbeschäftigung. Das Fantasy-Genre ist in der letzten Dekade sehr gewachsen und ist (ähnlich wie die Fleischschauen der Freikörperindustrie) recht krisensicher.
Muss man die nächsten Teile auch noch lesen? Och... Die neueste D&D-Kampagnenwelt heißt ja Eberron. Die soll erfrischend sein und der Virulenz der MMORPGs die Stirn bieten. Vielleicht wandert ja eine derart deklarierte Gebrauchsliteratur bald in den Konsumgraben.
Auweia.
Schlüsselwort für den Konsum dieses Produktes (es wurde vor einigen Jahren zum Trümmerpreis erstanden und war Teil einer melancholischen Rückbesinnung auf die Jugend und die jugendspezifischen Freizeitbeschäftigungen... ja, es war auch eine Konfrontation mit der eigenen nerd-igkeit) war Avatar. Diese Vokabel wird bald vom Pöbel mit dem Blockbuster von James Cameron verbunden werden.
Auch hier geht es um die Fleischwerdung: die Fantasy-Götter haben beef und poltern hinunter auf die Erde (die hier Faerun heißt) und in menschliche Körper hinein (es geht ja auch um Menschengötter... Elfen- und Gnomgesocks hat das Nachsehen). Dann wird munter weitergeprügelt bzw. -konspiriert. Es geht nur einmal in einen Kerker, ein echter Drache tritt nicht auf.
Das ist wirklicher Fantasy-Porno: alle Schwertkampfstellungen werden durchdekliniert und am Ende wird nicht geheiratet. Noch nicht einmal Humor und Ironie bereichern das Werk, es gibt dem RPG-Opfer einfach ein paar Anreize für die weitere Freizeitbeschäftigung. Das Fantasy-Genre ist in der letzten Dekade sehr gewachsen und ist (ähnlich wie die Fleischschauen der Freikörperindustrie) recht krisensicher.
Muss man die nächsten Teile auch noch lesen? Och... Die neueste D&D-Kampagnenwelt heißt ja Eberron. Die soll erfrischend sein und der Virulenz der MMORPGs die Stirn bieten. Vielleicht wandert ja eine derart deklarierte Gebrauchsliteratur bald in den Konsumgraben.
11/19/2009
Father of Lies, Brian Evenson
Gerne machen sich feiertags aufgeklärte Europäer über den Glauben der nordamerikanischen Bevölkerung lustig. Fundamentalismus wird genannt und mit großem tststs wird die Bezeugung der Liebe zu Jesus dort belächelt. Vielleicht könnte deshalb ein kleiner Roman wie FoL hier nicht funktionieren. Muss er aber auch nicht.
Ein Gläubiger hat ein Problem. Er wütet in seiner Gemeinde und vergeht sich an ihren jungen Mitgliedern. Zum Arzt wird er geschickt. Den trickst er aus. Der Gemeindevorstand deckt ihn dabei, allerdings mit einer wahrlich bizarren Heilsrhetorik. Und dann reden auch noch seltsame Gestalten mit ihm, die nur er sehen kann. Das hat nichts mit dem filmischen Sakralhorror zu tun, der unter dem Chiffre 666 laufen könnte. Dies ist die Geschichte eines Vaters, der sowohl Opfer ist als auch Opfer produziert. Treudoofe Schafschristen und Thrillseeker stößt der Roman zwischen die (stumpfen) Hörner.
Evensons Sprache ist schnell und unbefangen, er wechselt mühelos zwischen der Perspektive des Triebtäters und des Vaters hin und her. Keine ist bequem. No line left behind. Vater unser? Vater derer.
Der Autor (hier online, hier wiki) selbst soll wegen eines Romans seinen Job in einer christlichen Institution verloren haben. Sei's drum - der kommt auch noch auf die Liste. Echt gutes Zeug, das. Die Neugierde auf The Open Curtain wächst.
Ein Gläubiger hat ein Problem. Er wütet in seiner Gemeinde und vergeht sich an ihren jungen Mitgliedern. Zum Arzt wird er geschickt. Den trickst er aus. Der Gemeindevorstand deckt ihn dabei, allerdings mit einer wahrlich bizarren Heilsrhetorik. Und dann reden auch noch seltsame Gestalten mit ihm, die nur er sehen kann. Das hat nichts mit dem filmischen Sakralhorror zu tun, der unter dem Chiffre 666 laufen könnte. Dies ist die Geschichte eines Vaters, der sowohl Opfer ist als auch Opfer produziert. Treudoofe Schafschristen und Thrillseeker stößt der Roman zwischen die (stumpfen) Hörner.
Evensons Sprache ist schnell und unbefangen, er wechselt mühelos zwischen der Perspektive des Triebtäters und des Vaters hin und her. Keine ist bequem. No line left behind. Vater unser? Vater derer.
Der Autor (hier online, hier wiki) selbst soll wegen eines Romans seinen Job in einer christlichen Institution verloren haben. Sei's drum - der kommt auch noch auf die Liste. Echt gutes Zeug, das. Die Neugierde auf The Open Curtain wächst.
2012, Roland Emmerich
PFFFRRRRRCH! Ka-PFRUCHCHCHCHCHCH! PRPRPRPRUUUFFFFFFFFF!
10.000 BC ist noch nicht verwunden, aber mit 2012 ist Herr E. auf einem guten Weg. Warum? Weil alles so herrlich kaputtgeht. Kaputt ist besser als heile, denn das passiert nur einmal. Raumzeitbruch, events deluxe. Hurra!
Die Schelme der FAZ und anderer morbider Medienhäuser mögen ein Wortspiel mit "Oberfläche" wagen: so wie die Erdkruste aufbricht und ihre Tiefe offenbart, so sehr dümpelt die Handlung des Filmes in stetiger Beschleunigung dahin. Mumpitz! Thema verfehlt, sechs.
Was viele von den gesellschaftlichen Bewahrern (FAZ-Beteiligte, Kindergärtner, Polizisten, nüchterne Kneipiers) nicht verstehen wollen: nur in der Apokalypse ist endlich was los, nur bei der rückhaltlosen Zerstörung hat der Betrachter die Chance, das Erhabene zu erleben. Deswegen ist wahrscheinlich auch das Panorama des WW2 so ein Evergreen. Das ist mehr als Flucht, das ist auch Selbstauflösung.
10.000 BC ist noch nicht verwunden, aber mit 2012 ist Herr E. auf einem guten Weg. Warum? Weil alles so herrlich kaputtgeht. Kaputt ist besser als heile, denn das passiert nur einmal. Raumzeitbruch, events deluxe. Hurra!
Die Schelme der FAZ und anderer morbider Medienhäuser mögen ein Wortspiel mit "Oberfläche" wagen: so wie die Erdkruste aufbricht und ihre Tiefe offenbart, so sehr dümpelt die Handlung des Filmes in stetiger Beschleunigung dahin. Mumpitz! Thema verfehlt, sechs.
Was viele von den gesellschaftlichen Bewahrern (FAZ-Beteiligte, Kindergärtner, Polizisten, nüchterne Kneipiers) nicht verstehen wollen: nur in der Apokalypse ist endlich was los, nur bei der rückhaltlosen Zerstörung hat der Betrachter die Chance, das Erhabene zu erleben. Deswegen ist wahrscheinlich auch das Panorama des WW2 so ein Evergreen. Das ist mehr als Flucht, das ist auch Selbstauflösung.
11/16/2009
Der Informant!, Steven Soderbergh
Vielleicht ist das ein Neidfilm. Brad und George haben den famosen Burn After Reading gemacht und die Groteskereien der Coens ausgelotet. Soderbergh benutzt also den dritten Ocean's-1X-Stern und macht seinerseits einen Film über seltsame Begebenheiten und noch seltsamere Menschen. Nagut, das muss nicht stimmen.
Der Informant! verteidigt Paranoia als Status Quo und befreit sie aus der Spinner-Ecke. Freilich ist alles verknüpft und ein jeder belügt jeden und freilich muss ein jeder sein eigenes Lügennetz spinnen, um den Unwahrheiten der unsichtbaren Feine kühn zu begegnen! Der Humor ist dabei weniger HAHA als eher drollig, aber sehr sympathisch. Das hätte schiefgehen können. Ist es der Bezug auf eine reale Geschichte, der die größten Faxen verhindert? Aber vielleicht ist selbst diese Geschichte nur eine ausgeschmückte Halbwahrheit, die von den Intentionen dutzender Erzähler durchdrungen in den Seilen hängt. Und vielleicht beweist Soderberghs Film, dass man ein Komplott nicht durch Schweigen, sondern durch wahnhafte kommunikative Störfeuer zur Implosion bringen kann.
Radikale Materialentfremdung: es beginnt mit Mais und endet in virtuellem Finanzgeschacher. Dazwischen? Ein als "gestört" bezeichnetes psychisches System, das vom Schnauzbart kommt und zur Plautze wird.
Herrn Damon hätte man das nicht zugetraut. Welch uneitle Rolle, die dann auch noch so treudoof und angemessen gespielt wird! Das hat das Marketing schon berücksichtigt, aber trotzdem. Sehr gut. Jetzt darf er sich auch wieder als Bourne herumschubsen.
Der Informant! verteidigt Paranoia als Status Quo und befreit sie aus der Spinner-Ecke. Freilich ist alles verknüpft und ein jeder belügt jeden und freilich muss ein jeder sein eigenes Lügennetz spinnen, um den Unwahrheiten der unsichtbaren Feine kühn zu begegnen! Der Humor ist dabei weniger HAHA als eher drollig, aber sehr sympathisch. Das hätte schiefgehen können. Ist es der Bezug auf eine reale Geschichte, der die größten Faxen verhindert? Aber vielleicht ist selbst diese Geschichte nur eine ausgeschmückte Halbwahrheit, die von den Intentionen dutzender Erzähler durchdrungen in den Seilen hängt. Und vielleicht beweist Soderberghs Film, dass man ein Komplott nicht durch Schweigen, sondern durch wahnhafte kommunikative Störfeuer zur Implosion bringen kann.
Radikale Materialentfremdung: es beginnt mit Mais und endet in virtuellem Finanzgeschacher. Dazwischen? Ein als "gestört" bezeichnetes psychisches System, das vom Schnauzbart kommt und zur Plautze wird.
Herrn Damon hätte man das nicht zugetraut. Welch uneitle Rolle, die dann auch noch so treudoof und angemessen gespielt wird! Das hat das Marketing schon berücksichtigt, aber trotzdem. Sehr gut. Jetzt darf er sich auch wieder als Bourne herumschubsen.
11/10/2009
The Omen, Richard Donner
1976! Und doch anders als erwartet. Der Exorzist legte drei Jahre zuvor den Standard fest, der bei Rosemary's Baby noch nicht abzusehen war.
Wieder das Motiv des bösen Kindes, im Falle vom Omen aber mit besserem Marketing, da der Signifikant "666" so schlüssig wie auch prägnant durch die marketing-Hallen driften kann. Diverse Fortsetzungen hat's gegeben, doch keine soll so sein wie das Original mit Gregory Peck.
Zwei Horrorelemente sind zu nennen. Zum einen freilich das böse Kind. Da ist die verfluchte Familie, eine sich durch Zeit und Raum fortsetzender Gen-Stamm, der irgendwann sabotiert weil infiltriert wird. Der ultimative Andersartige von Ultra-Draußen, der Teufel, schleicht sich in den Kern des Menschengefüges ein und erobert das zukünftige Potential. Kinematographisch wurde das sehr subtil eingefangen und der gegen Ende zerbrechende common sense kann lange auch vom Zuschauer mitgetragen werden. Die sogenannten "Schock"-Szenen sind wohldosiert und sitzen. Ist ja auch kein Splatter, hu?
Zum anderen gibt es den Horror der 1970er. Diese Zeit ist ekelhaft in jeder materiellen Beziehung: Haare, Mäntel, Telefone, Autos - WIDERLICH. Wie konnten die Menschen in einer so erdrückend anti-ästhetischen Gegend überleben? Dieses Jahrzehnt (und kein Atomkraftwerk) rechtfertigt das Anlegen von unterirdischen Endlagern. Der ganze Mist von damals muss einfach versenkt werden, so dass kein Auge mehr von derartiger Hässlichkeit vergewaltigt wird.
Wieder das Motiv des bösen Kindes, im Falle vom Omen aber mit besserem Marketing, da der Signifikant "666" so schlüssig wie auch prägnant durch die marketing-Hallen driften kann. Diverse Fortsetzungen hat's gegeben, doch keine soll so sein wie das Original mit Gregory Peck.
Zwei Horrorelemente sind zu nennen. Zum einen freilich das böse Kind. Da ist die verfluchte Familie, eine sich durch Zeit und Raum fortsetzender Gen-Stamm, der irgendwann sabotiert weil infiltriert wird. Der ultimative Andersartige von Ultra-Draußen, der Teufel, schleicht sich in den Kern des Menschengefüges ein und erobert das zukünftige Potential. Kinematographisch wurde das sehr subtil eingefangen und der gegen Ende zerbrechende common sense kann lange auch vom Zuschauer mitgetragen werden. Die sogenannten "Schock"-Szenen sind wohldosiert und sitzen. Ist ja auch kein Splatter, hu?
Zum anderen gibt es den Horror der 1970er. Diese Zeit ist ekelhaft in jeder materiellen Beziehung: Haare, Mäntel, Telefone, Autos - WIDERLICH. Wie konnten die Menschen in einer so erdrückend anti-ästhetischen Gegend überleben? Dieses Jahrzehnt (und kein Atomkraftwerk) rechtfertigt das Anlegen von unterirdischen Endlagern. Der ganze Mist von damals muss einfach versenkt werden, so dass kein Auge mehr von derartiger Hässlichkeit vergewaltigt wird.
The Brief Wondrous Life of Oscar Wao, Junot Diaz
Pulitzer-Preis, Ethno-Atmo, big business. Warum sollte das gute Literatur auszeichnen? Diesmal passt es aber: Diaz entstaubt den altbackenen Terminus der "Tragikomödie" und schildert in eindringlichen Worten und mitreißendem Tempo eine mehrere Generationen und Ären (Ähren? Wohl eher Zuckerrohre! Ha!) durchfließende Geschichte.
Mehr Informationen freilich beim wiki.
Genetik ist dabei nur ein Teil der Verbindung. Der andere Kleister ist Popkultur: Oscar ist ein Nerd deluxe. Er kennt den ganzen SciFi-Ramsch und bekommt keine Lady ab. Als Latino-Tolkien will er über Dynastien und große Opern schreiben und so seine raumzeitliche Isolation überwinden. Pech bei den Ladies, Glück an der Kinokasse und im Buchladen. Oscar ist eine genetische Sackgasse. Ein patriarchalischer Endpunkt, der der zerfallenen Macho-Dikatur in der Dominikanischen Republik entspricht, welcher seine "Blutslinie" nur knapp entkam.
Eines der besseren und überraschendsten Bücher dieses Jahres.
Mehr Informationen freilich beim wiki.
Genetik ist dabei nur ein Teil der Verbindung. Der andere Kleister ist Popkultur: Oscar ist ein Nerd deluxe. Er kennt den ganzen SciFi-Ramsch und bekommt keine Lady ab. Als Latino-Tolkien will er über Dynastien und große Opern schreiben und so seine raumzeitliche Isolation überwinden. Pech bei den Ladies, Glück an der Kinokasse und im Buchladen. Oscar ist eine genetische Sackgasse. Ein patriarchalischer Endpunkt, der der zerfallenen Macho-Dikatur in der Dominikanischen Republik entspricht, welcher seine "Blutslinie" nur knapp entkam.
Eines der besseren und überraschendsten Bücher dieses Jahres.
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