2/09/2010

A Serious Man, Ethan & Joel Coen

Ein schöner Film. Die Coens bleiben ihrer Marke treu und werfen mit schöner Regelmäßigkeit schöne Filme vor das unschöne Publikum.

Schön? Moment! Wie kann das schön sein?! Schließlich geht es um eine tiefe Krise im Leben eines braven Mannes, der unterwegs keinerlei Werkzeuge eingesammelt hat, um den drohenden Unwettern zu trotzen. Die Gurus, die er aufsucht, machen die Sache eigentlich nur noch schlimmer. Und sein Sohn scheint die Fehler des Vaters trotz latenter Rebellion geradewegs wiederholen zu wollen.

Die Komik ist sehr lebensnah, also ohne lautes Lachen. Das doppelt sich mit dem, was das Judentum für eine gelungene Geschichte bereithält: es ist so leicht so grotesk darzustellen. Wie bizarr doch das Hebräische klingt in einer glattgebügelten Vorstadtsiedlung. Wie seltsam wirken doch die jüdischen Reden und Reliquien, die zwischen Gummibaum und Nierentischen die Gläubigen zusammenhalten. Das machen die Coens sehr gut. Sie lassen schauen. Großes Kino lässt schauen.

Aber warum wurde die Ehefrau nicht überfahren? Aber das Leben ist ja nicht Wünschdirwas. Trotzdem Masseltov!

2/02/2010

Marked for Death, Matt Forbeck

The Lost Mark, Teil 1.

Nette Aktionen mit Luftschiffen und Kriegsgeschmiedeten und solch Kram in einer Mordor-esken Gegend. Nur gibt es hier einen changeling, der sowas von Aufsmaul verdient, das ist nicht mehr gut. Allein um den verf***ten changeling bluten zu sehen, lohnt sich das Weiterverfolgen der Serie.

2666, Roberto Bolano

Uff.

Ja.

Jawohl.

So... so und nicht anders.

Wer 2666 "surreal" nennt, wird sein Leben lang nur Staub schlucken müssen.

Zunächst einmal was pragmatisches: wenn man ein dickes Buch wie das vorliegende (leider) endlich durch hat, sagt man gern: das ist ein Erlebnis, ein Ereignis, das mein Leben in ein Davor und ein Danach trennt. Man hat schließlich lange an dem Schinken genagt und der Konsumstolz (vielleicht ist das sinnverwandt mit dem Kleinkind, dass das erste Mal etwas im Badezimmer produziert) könnte die Bewertung des Buches rosarot färben.

Das muss man sich erstmal bewusst machen. Man selbst ist schließlich das Zentrum des Konsums, nicht wahr?

Da der wiki.

Worum mag es bei 2666 gehen? Hier steht:

"Roberto Bolaño in his novel Los Detectives Salvajes, through one of the main characters, Cesarea Tinajero (original founder of the real visceralismo poetry society) envisions the 27th century as a time when some dark events will happen in the north of Mexico. In 2666, Bolaño's last novel, he describes hundreds of rapes and murders in the north of Mexico, most likely linked with the events written in Los Detectives Salvajes."

Ja, der Konsum streckte sich über einige Wochen hin. Ja, das Erreichen der letzten Seite macht stolz. Ja, es war ein Erlebnis wie lange nicht mehr.

Worum mag es bei 2666 wirklich gehen?
Fünf kleine Romane verbinden sich zu einem großen. Hintereinander (nebeneinander?) geht es um tote Frauenkadaver in der Wüste von Mexiko. Ist das die Aussage? Ist Kultur und menschliche Mühe ein Frauenkadaver in der Wüste? Was beweisen all die Toten außer sich selbst?

Alles ist verknüpft. Welcher Menschling hält das aus? Wie? Nur Literatur kann das, was in 2666 umschrieben wird. Es ist Metaliteratur, oder? Das Werk ist ein Totalangriff auf den Begriff der Mitte, des Zentrums. Wir bauen uns Hütten und Panzer und setzen uns in deren Mitte und dann meinen wir, die Geographie erstreckt sich um uns herum. Nein, sie verliert sich im braunen Zwerg unserer sogenannten Seele (die eigentlich nur der Wintergarten unserer Hütte, der Geschützturm unseres Panzers ist).

Man selbst ist schließlich im Zentrum des Sturms, nicht wahr? Kommen Sie herein, hier ist es gemütlich.

Uh, war das gut. Die Zuckungen peitschen immer noch durch's Regal.

1/27/2010

Rob Zombie - BrickHouse 2000; Uh, jawohl.


OK, es gibt einen Rap-Teil, aber was soll's. Dafür auch Lionel Richie. Brick-HOUSE!

All hail da fat chicks, hu?

Ende gut, Sybille Berg

Die wohnt hier.

Liebe Frau Berg,

wie schön, dass es Sie gibt. Der Konsumgraben ist ja eigentlich von einem selbstbestätigenden Sexismus durchdrungen, einem, der das Weibliche in Schutz nehmen möchte vor dem debil-infantil-zwangsteril Männlichen.

Aber Sie, Frau, Berg, Sie sind eine von uns. Sie haben das Grauen gesehen und leise geseufzt, Sie haben die Schmutzlawinen in den sogenannten Medien und FuZos identifiziert und interessieren sich nicht für die Bestuhlungen der Europaparlamente.

Sie wissen, was Fäkalien (die einzige Bedeutung von "Stuhl") sind und wie sehr unser aller Wurzeln (Rhizome! Alles!!) in ihnen stecken (aber nicht verankert sind). Sie wissen, wie es sich anfühlt, im trivialfaschistoiden Deutschland vor dem dritten Weltkrieg zu leben.

Danke, Frau Berg. Hoffentlich nehmen Sie mir nicht übel, dass ich Ihr Werk aus zweiter Hand bekam und dem Verlag somit kein Geld zukommen ließ. Echt! Das ist mir wichtig.

Hochachtungsvoll,
der Gräber/Konsument/Grabeskonsument/etc.

Surrogates, Jonathan Mostow

Das Trendthema des Jahrzehnts (Körper vs. Seele in Matrix bzw. Avatarien) in einem weiteren Produkt. Der Herr Regisseur hat auch T3 verbr..., äh, in die Kinos gebracht.

Ja.

Nett.

Positiv hervorzuheben sind die krümelig-karstigen echten Menschen. Fleisch unter Haut über Knochen. Und Zef Cochrane spielt auch mit, hui.

Alfonso Cuarón hätte das besser gemacht, denn der hat uns ja schon Children of Men geschenkt.

1/22/2010

Harvey Birdman

Er ist so gut. Er verteidigt uns alle. Vor allem. Im ausländischen TV.

1/20/2010

Friendship!, Markus Goller

Ja, ja.

Die Freundschaft. Das ist ja so eine Sache. Auferstanden aus Ruinen? Dann ist das ja immer so ein Krampf. Aber im vorliegenden Werk ist keinerlei Anstrengung zu verzeichnen: echte benachteiligte Ostdeutsche, die einmal losgelassen auch gleich die Welt erkunden und somit selbstverständlich auch einander. Also nicht so, wie sich das jetzt anhört. Eben wie das bei Freundesfilmen so ist: es gibt da die Vaterfigur und die Frau, um die es sich zu zanken gilt. Am Ende werden beide Ablenkungen über Bord gekippt, denn nur mit dem besten Freund kann man auch werktags über die Reling speien. Auf lange Sicht ist das sinnvoller.

Ja, die Deutschen und ihre Wende(n). Erst muss der offensichtlich fiesere der beiden Unrechtsstaaten (der östliche, ähem) von Hasselhoff zersungen werden, dann wird er goldig ostalgisch geschnitzt und schließlich kommt der Nachsatz mit "ja, aber". Dafür, dass dieses Dilemma wahrscheinlich so lange existieren wird wie Chemnitz und Cottbus hat der Film die Sache ganz gut gelöst. Was zählt, sind die Menschen, vor allem wenn's lustig sein soll. Die Beteiligten hatten offensichtlich Freude an ihrer Arbeit, lassen den Zuschauer teilhaben und die Dreharbeiten waren mit den Amerikanern wahrscheinlich auch sehr fein.

So, jetzt bitte wieder was mit Ninjas oder marsianischen Körpersonden.

1/18/2010

The Dark Knight, Christopher Nolan

Er läuft weg, damit wir ihn jagen können. Wieder und wieder...

Es wäre sehr fein, wenn Nolan eine ganze Trilogie wuppen könnte. Vielleicht auch mit Depp als Riddler. Die Kernfrage muss aber lauten: was ist mit Robin? Und wie eng würden seine Strumpfhosen sein? Will man das?

Hier gibt es feine Kostüme wie das hier gezeigte, zur Huldigung und zur Vorbereitung.

Sin City, Frank Miller + Robert Rodriguez

Schon wieder die Stadt der Sünde.

Was fiel diesmal auf? Die Technik ist veraltet, wirklich: heute würden Vorder- und Hintergrund eher harmonieren. Die drei Haare von Herrn Willis wehen unmäßig stark am Pier, verglichen mit der finsteren Kulisse der schwarzseeligen Stadt.

Somit steht fest: der Konsument ist bereits Avatar-geschädigt.

Tantras, Richard Awlinson

Teil 2 von der mit Shadowdale begonnenen Reihe.

Keine Besserung in Sicht. Hohle Charaktere, hohler Planet. Tolkien-Gebrabbel wird aufs übelste abgekupfert. Und der Autorenname ist auch ein Pseudonym, damit im Nerd-Regal nichts durcheinander kommt.

Und warum tut man sich das rein? Niemand weiß es. Nostalgie? Dumpfsinn? Demnächst gehe ich in die Garage und öffne den Karton mit den Conan-Romanen. Auja.

Und: es gibt freilich ein ganzes wiki zu diesem D&D-Segment. Virtuelle Realitäten, anyone?

1/13/2010

Garden State, Zach Braff

Schönes Ding, immer noch. Sind das die 00er Jahre in Bild und Ton? Eine ewige Adoleszenzgeschichte, die sich Zeit lässt für die knuffigen kleinen Schokoladenglasuren des Tagesmenüs? Man kann vermuten, dass der Film ein Bleiberecht hat, weil er sich mit Navigation befasst und mit diesem Kram, der ganz kitschig Aufbruch und Heimkehr genannt werden kann.

In den zwei Jahrzehnten vorher wäre Garden State nicht möglich gewesen: die 80er brachten Stand by Me und die 90er Kids. Die 10er haben bis jetzt nur Avatar. Hmm.

The Imaginarium of Doctor Parnassus, Terry Gilliam

Immer diese Bezüge zur echten Welt! Während diese Zeilen getippt werden, ist der wohl bekannteste Schauspieler dieses Werkes schon genau zwei Jahre unlebendig. Und freilich muss das auch gleich hier im ersten Absatz stehen.

TIODP ist ein mittelgroßer Film, der durch diesen Umstand einen ziemlich denkwürdigen Selbstbezug erhält. Es geht inhaltlich um die Innenseite von Köpfen, die mit Geschichten gefüllt werden aber auch um die Vorderseite von Köpfen, nämlich Gesichter. Als großer Film (also einer, der von Anfang an mit so viel Starpower geplant wäre und der ein entsprechendes Marketing vor sich her schöbe) hätte das konsumierte Werk weniger gut funktioniert. Das Ergebnis ist geglückt: Depp, Law und Farell tun das, was sie gut können und wissen auch, was sie tun. Glück im Unglück? Unfall, Todesfall, Glücksfall?

Gilliams Filme wirken beim Erstkonsum immer ein wenig sperrig: da ist immer so viel Zeug! So viel Ramsch, so viel kleine Details, so viel abgewetzte Kleidung, Bücher, Möbel. Zeug, das kurz vor Müll ist oder für andere Menschen längst welcher ist - also eine Situation, in der sich der teuflische Tom Waits gut auskennt. Aber TIODP brummt nach (wie Waits auch). Wie macht Gilliam das? Mit Spiel oder Ernst?

Ach, diese echte vermüllte Welt... da will man sich doch nur in ein Imaginarium flüchten. (Und von all den vielen Gedanken hab ich doch am liebsten die interessanten, sagten einst die Sterne.) Es geht immer nur ums Weglaufen und ums Einholen, oder? Rein in den Film, heraus aus der Welt, hinein in den Sessel, hinein in den Kopf, hinein in Klatschpresse und Holzkiste. Rein in die Lüge, raus aus der Verliebtheit. Rauf auf den Wagen, die Karawane zieht weiter.

Genau wie die Kunden in den Kopf des Docs flüchten, so flüchtet sich die bezaubernde junge Dame in die Liebe, nur um dann zu sehen, dass der Hallodri auch nur das echte mit dem unechten Haitiesken vermischt.

Hunde, wollt ihr ewig leben? Von wollen kann keine Rede sein. Aber durch diesen finalen Stunt hat Heath Ledger sich ein kleines bisschen Unsterblichkeit erspielt. Famos und schade, und deshalb Schizophrenie deluxe.

Echte Welt... ein bizarres Wort, dieses "echt". Gilliam soll sich doch jetzt endlich an Don Quixote machen, oder? Ist das nicht eine gescheiterte Geschichte (über die es eine Dokumentation gibt), die sich über eine scheiternde (Menschen- und Welt-) Geschichte definiert? Windmühlen haben Räder, aber sie fahren nicht weg. Weglaufen und Einholen. Echt jetz ma.

1/11/2010

The Hurt Locker, Kathryn Bigelow

Doch, gut. Warum?

Es geht gar nicht um das alte tote Pferd namens Krieg, das nicht mehr getreten werden kann seit John Wayne tot und James Ryan abgefilmt ist.

Es geht um die Logik der Bombe, und so etwas hat der Konsument wahrlich lange nicht gesehen (denn normalerweise werden Bomben nur von diversen Irren [Kobolden] an Busse gedrechselt, die dann schnell fahren müssen und Sandra B. und Keanu R. beruflich voran bringen).

Ist das der Hindukusch, und wird dort mein Recht auf Limonade verteidigt?

Da baut einer ein Ding, dass seine Umgebung entdingen kann. Dann gibt es die Protagonisten, die mit dem Abbau dieser Anti-Ding-Dinger beauftragt sind, noch dazu in einer zivilisatorischen Trümmerwüste (die ja vor einigen Millennia die Wiege einer Zivilisation war), die sich an die Entdingung fast schon gewöhnt hat. Es ist die existenzialistische Wucht der konkreten Bombe und der potentiellen Bombe, die den Thrill ausmacht. Diese Druckwelle, die sich dort in der Enge der Argumente aufbaut, kann stets losbrechen und die umgebenden Architekturen radikal neu gestalten. Als Metapher kann die Bombe im Staub, die unter dem Müll mit göttlicher Geduld ausharrt, die Dramatik dieser Art der internationalen Konfliktbewältigung gut veranschaulichen.

Hurt Locker ist ein feiner Titel, denn der Film dreht sich A um einen Spind (privater Raum für Inventar und Pin-Ups) voller Schmerz (aktiv/passiv) und auch B um einen "Schmerz-Einschließer", der dann der Bombenbauer, der -entschärfer oder auch die Bombe selbst sein kann. Und als die Bombe dann in das Kind eingebaut wird, ist die materialistische Poesie fast perfekt dargestellt.

Schließlich ist Hurt Locker die Bezeichnung eines Menschen, denn das Einschließen von Schmerz ist oberste Kämpferpflicht und Grund für allerlei Detonationen.

Ein sehr gutes Produkt, eines der besten des Jahres 2009 abseits der Popcorngebirge.

Tick, tick, tick, booooom.