6/20/2010

Very Mercenary, Rayo Casablanca

Bang, bang. Man nehme herbe Actionszenen aus den lautesten Filmen des Sommers und versuche, sie in eine Geschichte einzubauen. Casablanca gelingt das sogar: mit großer Leichtigkeit gestaltet er Wahnsinnige, die mit illustren Werkzeugen durch das Feld der Träume (Nordamerika) hetzen und schließlich mit Hollywoodkulissen ihren eigenen Mad Max feiern. Laut, ja. Süffig sogar. Unbedingt Eiswürfel nachlegen und nicht aus der Hängematte fallen.

Splice, Vincenzo Natali

Diese Beine, diese wundervoll-furchtbaren Beine.

Wikipedia sagt: Laufen ist ein inhärent fortlaufender Prozess, im Gegenteil zum Gehen; ein zweibeiniges Wesen oder Gerät befindet sich, wenn es effizient läuft, in einem andauernden Zustand des Vorwärtsfallens. Dies wird nur durch das wiederholte Selbstauffangen zum richtigen Zeitpunkt, aber im Falle des Laufens eben nur mit dem Aufschieben des fast unausweichlichen Falles für die Dauer eines weiteren Schrittes als relativ gleichmäßige Bewegung aufrechterhalten.

Hier.

Nun könnte ein Thriller erwartet werden, in dem gelaufen wird und auch geschossen und am Ende jemand in die Lava fliegt. Aber nein: hier wird das Fleisch erforscht, welches sich seit wenigen Dekaden programmieren lässt. Auch sehr hübsch sind die Fleischsäcke im Terrarium. Sie veranschaulichen die alte Genetikergewissheit, dass nicht das drin sein muss, was anatomisch vermutet wird. Fleischsäcke als Wundertüten.

Splice gefällt vielfach. Einmal die Schauspieler: das Paar ist nicht in böse-gut aufgeteilt sondern macht eine individuelle Entwicklung durch, die dann wieder auf ihre Zweisamkeit Effekte hat. Bei den Beteiligten kann man dies lesen. Außerdem die Struktur der Geschichte: liebevoll wird jedes ödipale Klischee bearbeitet und mit frischen Bildern dargelegt. Die Implikationen der XX|XY-Fortpflanzung von homo rapiens werden sehr schön zusammengefasst und wie immer stellt sich die Frage nach der sozialen und der biologischen Komponente. Zu Recht kommt der Film zu dem Schluss, dass zwischen diesen beiden Polen nicht unterschieden werden kann. Niemand gibt Zellmaterial einfach so her, niemand liebt/hasst einfach so ein anderes Individuum. Und Männer und Frauen sind nicht gleich und sie können weder gleich gemacht werden noch gleiche Kinder haben. Dynamiken türmen sich auf. Es gärt im Fleisch und in der Seele.

Unlauterer weiterer Bonus: die Klamotten und die Requisiten stimmen auch. Sehr gut. Jetzt aber Predators, Herr Brody.

6/16/2010

The Doom of Kings, Don Bassingthwaite

Nicht so toll ist dieses erste Drittel der sogenannten Legacy of Dhakaan. Zu langsam, zu campy. Zu unoriginell. Deutlicher kann man einen Ringsiezuknechten nicht verbauen. Und die Endgegner sind Trolle. Herrje! Die bringen höchstens 1400 xp. Pfff.

Aber es gibt Schlimmeres. Und Dreck reinigt den Magen.

6/14/2010

Don's Plum, R.D. Robb

Kids? Kevin Smith? Weit gefehlt: hier.

Lange vor Titanic bzw. Spider-Man 1 abgefilmt verscholl das Ding in den Rechtsabteilungen diverser Medienunternehmen. Zwei derweil millionenschwere Schauspieler oder auch deren Vertreter zetern herum und verhindern eine Entsaftung des Films in Nordamerika. Warum genau will keiner sagen. Bestimmt nicht wegen der "Kunst" - das ist schließlich Hollywood, CA, wo das Ding liegt. Eine Geschichte formt sich und die Vokabel "Jugendsünde" wird mit den beiden Megastars in Verbindung gebracht. Uh, spannend. Gibt es da was besonderes zu sehen? Nein. Viel Lärm um Nichts? Naja, um weniger als erwartet auf jeden Fall.

Gefilmt wurde im Dogma-Stil und das verstört wie immer. Rüde Sprache und Gestik, Improvisationstheater von coolen Hüllen und ordentlich Nikotin. So richtig was los ist in dem Film nicht. Nur am Ende formt sich die versöhnliche Pose der gutherzigen Rowdies, die sich doch eigentlich ganz doll lieb haben in der Stadt der Engel. Weder ist der Humor der Beteiligten einprägsam noch die Bildersprache. Nur weil's low budget ist, ist's noch lange kein Prachtstück.

Viele Filme sind viel besser. Zum Beispiel Clerks oder Short Cuts. Und die zwei Blockbuster-Recken mit den Anwälten können mit anderen Filmen ihr Können ganz gut illustrieren.

6/11/2010

Friends, David Crane & Kevin Bright & Marta Kauffman

Zehn Staffeln kleinster gemeinsamer Nenner.

Es ist verblüffend, wie viel Geld mit dieser Marke verdient wurde. Aber wie ging das? Was passierte da? Nur mit Vielleichts kann so ein Blog-Gesumpfe darüber ausgestattet sein.

Vielleicht kommt das hohe Maß an Massenkompatibilität durch den unbestimmten Begriff. Es sind nicht THE friends, nicht SOME, sondern schlicht friends im Allgemeinen. Welch demütige kleine setcard: auch noch die graffiti-handschriftmäßige Schreibart. Hier fasst niemand etwas in steinerne Lettern, nein, hier notiert jemand eine flüchtige Zusammenkunft einiger Leute mit denen man sich mehr oder weniger auseinandersetzen kann, wenn man denn will.

Vielleicht ist es das Fehlen der Kinder. Die Familienstrukturen sind im Aufbau, aber auch das Scheitern jener Bemühungen wird dramaturgisch genutzt. Ah, furchtbare Kinder. Da kann man gleich dressierte Pudel einbauen, die die Zuschauer dann zum "ooooch"-machen triezen. Jagut, irgendwann gab es dann (Klein-)Kinder. Und sogar junges Geflügel.

Vielleicht ist es das perfekte Maß an Vorabenderotik. Der Konsument ist derweil bei Cheers (noch so'n Dauerbrenner) in der dritten Staffel. Mit dem Maß an Frivolität hat er nicht gerechnet. Das lebt bei Friends weiter. Beischlaf... ergibt sich. Immer munter im Kreis herum. Will das der Zuschauer? Wünscht sich das der Zuschauer? Verachtet er/sie es und genießt die moralische Überlegenheit?

Vielleicht ist es der Kaffee. Wann begann die Starbucks-Invasion? Wann trafen sich Menschen auf Kaffee anstatt um sich tüchtig zu besaufen (Cheers, s.o.)? Und dann auch noch so komplexer Kaffee, jenseits von allein "heiß" und "schwarz". Die Individualisierung des Kaffees als Konsumprodukt bezeichnet eine Überversorgung durch dasselbe. Fast schon dekadent. Lernt man echte potentielle Freunde (oder "friends") nicht dadurch kennen, dass man ihnen beim speien morgens die Haare hält oder halten läßt? Achja, das Alter. Die friends sind ja schon gewissenhaft und ausgelernt. Trotzdem benötigen sie eine Gastronomie, um juvenile Verhaltensweisen der außerfamiliären Zusammenkunft und Kommunikation aufrecht zu erhalten.

Vielleicht ist Friends einfach nur eine effiziente Verkörperung des viel älteren amerikanischen Volkstheaters namens sitcom: am Zielpublikum orientiert, auf geschmeidige gute 20 Minuten getrimmt und mit nicht fetten Menschen besetzt (denn da ist ja ein erotischer Unterton, s.o., und Fett und Sex schließen sich im mainstream derzeit aus, da eh alle viel zu viel zu essen haben und wer ist denn schon Rubens und trallala...). Dazu Seifenopernelemente, da der Zuschauer heute mehr Zeit zum schauen hat und die Puzzleteile, Anspielungen und Links eher verstehen kann.

Vielleicht ist es ganz allein Chandler, der den für die 1990er typisch gewordenen Prototypen des arbeitsentfremdeten Großstädters mit tödlich-humorigem modus operandi am eindringlichsten anhand diffuser Sexualität und exorbitant überspielter Selbstzweifel erleuchtet.

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NACHTRAG: Vielleicht sollte man auch noch How I Met Your Mother erwähnen. In mehrfacher Hinsicht gibt es eine Fortführung der Friends-Mechaniken, außerdem spricht niemand geringeres als Bob fuckin' Saget aus der Zukunft. Im Zuge der dritten Staffel scheint HIMYM dem überlangen Schatten von Friends entkommen zu sein (Konsumprozess ist derweil in der Mitte der vierten angekommen.) Ganze zehn Staffeln traut der Gräber jenem Vehikel aber nicht zu. Vertiefend dazu dieser Artikel bei popmatters.com.

The Mystic Arts of Erasing All Signs of Death, Charlie Huston

Warum knackte das Produkt nicht wirklich? Zu hohe Erwartungen. Verdammt, Herr Huston!

Hier kommt eine Unterstellung: der Autor will es endlich in die finanziell sicherere (?) Riege der Filmideeproduzenten schaffen. Die vorliegende Geschichte passt recht gut ins Kino: mit den derben Details der Tatortreinigung kann der Trailer durchschockt werden, mit der zartherben love story kann der Konsument dann in die Nacht entlassen werden.

Wie wäre es besser? Mehr räudige Schmutzdetails. Die ersten hundert Seiten sind so schön derb, da ist einem die später enthüllte Räuberpistole um Mandeln und Menschen in der Enge eher weniger wichtig. The Shotgun Rule macht da einiges richtiger: nicht eindeutig im pulp angesiedelt aber doch eindringlich trotz (oder gerade wegen?) der knochentrockenen Splatterelemente.

Die Daumen für Sleepless sind gedrückt.

6/06/2010

Sea of Death, Tim Waggoner

Der letzte Teil der "Blade of the Flame." Tatsächlich Werhaie und recht viel Herumgeprügel mit einer viel zu großen Party, die so taktisch wertvolle Rollen wie tank und damage dealer außen vor lässt. Homogenes Ding, obgleich eine sequel Trilogie nicht wirklich erwartbar ist. Gut so. Next!

5/31/2010

Iron Man 2, Jon Favreau

Mehr Kino.

Ein kleiner Schritt zur Seite im Vergleich zum ersten Teil, aber das war ja kaum zu verhindern. Das Ding läuft gut und in Erwartung von Captain America, Thor und schließlich den Avengers muss IM2 seinen Platz in der Riege einnehmen. Keine Angst, schaffta. Die Geschichte ist nicht sehr kompliziert und die Effekte wuppen ordentlich an den Lidern - allerdings wird aus dem Schurken (Gesamtkunstwerk Rourke) nicht viel gemacht außer einem gruseligen Immigranten-Klischee und auch Rockwell könnte ein wenig mehr Farbe vertragen. Scarlett Johansson verdient einen eigenen Film, mit mehr Text aber bitte den gleichen Klamotten.

Teil eins war frischer, nicht nur dank des allseits beliebten Hallodris Downey Jr., sondern auch aufgrund Favreaus erdiger Herangehensweise ans Genre. In der Bildfarbe schwang irgendwie auch Very Bad Things ganz latent mit.

Man warte nun auf den dritten Teil, seinem Erscheinen auf DVD o. ä. und einem weiteren Zenit der Marvel-Wertschöpfungswelle, die vom Hype rund um's Spider-Man-Reboot trotzdem wahrscheinlich überboten werden wird.

5/30/2010

Robin Hood, Ridley Scott

Ah, Kino.

Klassiker sind herb. Ist der Versuch, selbige ein hundertstes Mal möglichst innovativ erzählen zu wollen, ehrbar und ein Pluspunkt? Bei diesem Scott-Schinken ist das so eine Sache. Die Bilder: sehr gut. Fein fotographierte Äcker, Beulen, Rabenschnäbel und pathetische Gesten. Die Geschichte (das ist dieses theoretische Konstrukt, das die Bilderfolge irgendwie in einen (Kausal-?) Zusammenhang setzen soll(-te)): naja. Zunächst einmal gibt es viel zu viele alte Menschen in dem Ding. Halloooo? Mittelalter! Mit drei Dekaden Sendeschluss! Ein Greis ist OK, aber der Hauptdarsteller ist über 45, sein love interest auch fast. Außerdem gibt es keine wirklich fokussierbaren Gegenspieler. Ein trotteliger Löwe mit viel zu großer Krone und Boa-Attaché war einprägsamer. An den Texten ist nicht wirklich gefeilt worden, so dass manche Situationen seltsam überkommentiert sind.

Und wenn das Ding beim RTL kommt, werden irgendwelche Forunkeleltern ihre Blagen beruhigt ins Plasma schauen lassen, weil sie das für Geschichtsunterricht halten. Auch hier könnten Rabenschnäbel die Lösung sein.

Auf dieses Ding hat die Welt nicht gewartet. Auf Predators wartet jeder. Letzterer wird auch keine ungerechtfertigte Überlänge haben.

Aber immerhin Kino.

Dennis Hopper, RIP

Forge of the Mindslayers, Tim Waggoner

Das Sequel zur ersten Piratenvampiroper, diesmal mit einem psiforged Nebendarsteller. Und jetzt fällt auch auf, welches pulpy Vorbild der Protagonist hat: Howard's Solomon Kane nämlich, den hexenjagenden Super-Puritaner, hier rechts. Dessen Verfilmung ist schon fertig, hat es aber wohl nicht in die germanischen Kinos geschafft.

Im letzten Teil soll es um Werhaie gehen. Ja, WER-Haie. Wie sehen die eigentlich das Mondlicht in der Tiefsee? Das ist ja vollkommen unglaubwürdig.

5/25/2010

Storm Dragon, James Wyatt

Das ist der erste von freilich drei Teilen unter dem Titel The Draconic Prophecies. Erfreute es? Doch! Erstens ist Eberron sehr OK und zweitens ist der Protagonist zwar ein halbgarer Luke#Frodo#JohnMcClane-Praktikant mit Fieberträumen und Tetsuo-mäßigen hidden forces, aber die Geschichte um ihn herum baut auch darauf auf und führt ihn nicht nur vor.

Leer. Den Nächsten, bitte.

5/21/2010

Electroboy, Andy Behrman

Diese Autobiographie eines Bipolaren ist ein kurzweiliger Einstieg ins Thema, wie auch die entsprechende Initiative des Autoren zeigt.

Über die Theorie einer sogenannte Gemütstörung/(Geistes)-krankheit wird nicht direkt durch den Erzähler reflektiert. Dafür gibt es einiges an zähneschlotternden Beispielen. Infame Essgewohnheiten morgens um vier sind da noch das Akzeptabelste. Bei Behrman vermischt sich seine sogenannte Erkrankung, die in ganzes Heer von Kopfdoktoren nicht behandeln, aber aushalten konnte, mit diversen schlechten Eigenschaften. Da ist die Sucht nach Substanzen, Sex, und Ehre und da ist auch der Moloch New York, der Menschen wie Behrman nicht nur beheimatet sondern auch zu drillen weiß. Der Protagonist ist Kunsthändler - eine absolut von sog. "Realwerten" befreite Wirtschaft, die dennoch enormes Kapitalpotential hat. Der Kunstbetrieb, wie ihn Electro Boy womöglich realistisch darstellt, ist monströs und hohl und doch voller Wucht. Andy Behrmans scheitern kann sehr wohl als gesunde Reaktion auf eine hirnzersengende Ökonomie gedeutet werden.

5/20/2010

Unholy, Richard Lee Byers

Beworben mit dem Standardvokabular: "Join heroes fighting the undead hordes! ||| A powerful undead sorcerer reigns in Thay over a frightened people and hordes of undead. The mageocracy in exile, masters of no more than their beaten army, watch from distant shores as the new King of Thay prepares a great magical ritual--a ritual they cannot allow him to bring to completion. ||| The conclusion of The Haunted Lands series, the events in Unholy will have tremendous impact on the Forgotten Realms(R) world."

Wenig bleibt von diesem letzten Produkt des Dreiteilers (der mittlere war Undead) in Erinnerung. Es ist ein farbloses Nachklingen zwischen Darth Maul und Grievous. Alles für die Optik - eine schlechte Entscheidung für einen Roman. Schale Zombiehektik, zuviel powergaming. Der Text bleibt lahm in jener Hektik.