Hier und hier. Weglesen, durchlesen, aufessen, blättern, blättern, aus: zunächst kommt einem die Fluffigkeit seltsam vor, denn hier wird recht aktuelle Philosophie äußerst verdaulich aufbereitet. Dabei verbügelt der Autor nicht die Sicht, indem er sich hinter einem Dickicht aus Zitaten versteckt. Im Gegenteil: Konkurrenten und Komplizen werden offen genannt und auch gleich für jeden klar evaluiert. Das schafft Orientierung.
Dass es die Welt nicht gibt, sollte eigentlich jedem klar sein. Beziehungsweise ist es doch eigentlich so, dass jeder der einem die Welt tatsächlich und endlich und "wahrhaftig" erklären will, ein abgehängter Brückentroll ist. Das gibt einen medium-sexy Titel und langt für Feiertagslektüre von abgebrochenen Pädagogik-Muttis, die nicht nur Brigitte lesen wollen. Kann man keinem vorwerfen und ist ja auch nicht schlimm. Aber Gabriel bereichert den Leser nicht nur mit seiner literarischen Chuzpe sondern auch mit einem Einblick in Philosophie als sinnvolle Praxis. Sein Programm eines perspektivenabhängigen Realismus ist "open source", es ist eher weltöffnend als definierend. Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Nicht viele Nicht-Romane schaffen es, so eine Stimmung auf der letzten Seite zu verbreiten.
6/03/2014
6/02/2014
Batman Begins, Christopher Nolan
Hier und hier und hier. Schon wieder. Dem ist nichts hinzuzufügen. Vielleicht das: eigenartig schöne Parallelen: erst haut R'as al Ghul Bruce hinunter durch das Eis, dann, bei der eigenen Geburstagsfeier, kommt von oben ein brennender Balken. Vertikale Bewegungen allerorten. So ist das mit dem Aktionskino.
Jeff, Who Lives at Home, Jay Duplass, Mark Duplass
Hier. Nicht viel zu vermerken: der sehr kurze Film ist beileibe kein zweites Garden State und kann auch mit keiner wirklich überzeugenden "Botschaft" (bah!) aufwarten. Unangenehm fällt das Loch in der Logik auf: da ist der leidlich sympathische Held also zu etwas vorherbestimmt aber fängt erst an zu laufen, als das Auto schon im Wasser ist. Und dann kommt er gerade richtig, um das zu tun was zu tun ist. Er sieht gar nicht, wie es passiert. Man glaubt ja so einiges, aber das... knifflig. Außerdem ist es immer schade, wenn schöne Autos unprätentiös kaputt gehen.
Außerdem gibt es hier insgesamt eine nette Wasser-Metaphorik. Vertrocknet (ungewaschen) in der Wanne sitzen, Regen im Büro (Säuberung, Läuterung, Taufe), Gefahr durch Ertrinken (Tiefe, Sog, Zeitdruck). Eine treffliche Erweiterung des insgesamt vorgestellten konservativen Existenzentwurfs. So ein Durst.
Außerdem gibt es hier insgesamt eine nette Wasser-Metaphorik. Vertrocknet (ungewaschen) in der Wanne sitzen, Regen im Büro (Säuberung, Läuterung, Taufe), Gefahr durch Ertrinken (Tiefe, Sog, Zeitdruck). Eine treffliche Erweiterung des insgesamt vorgestellten konservativen Existenzentwurfs. So ein Durst.
5/30/2014
My Week with Marilyn, Simon Curtis
Hier und hier. Seufz, ach, seufz, die Legende, schnief. Was war sie doch einmalig, diese nicht gealterte Legende. Diese Biographie ist nun recht bescheiden in ihrem Umfang, zeitlich gesehen, und umreißt ihre Hauptattraktion doch maßgeblich: die Unsicherheit, die Unberechenbarkeit, die teils verstörende Verletzlichkeit und auch die uneingeschränkte Strahlkraft. Das Prinzip "star" übersteigt (überstrahlt!) gängige Konzepte von Person und Schauspieler. Dieser eigentlich recht leise Film (mit einer unglaublichen Hauptdarstellerin) hat das verstanden.
5/28/2014
A Serious Man, Ethan & Joel Coen
Encore von jenem. Diesmal fällt die Kürze auf, aber nicht unangenehm: es steuert alles sehr zügig auf das nachhaltige Ende hin, auf den dunklen Himmel. Das Erhabene und Unmenschliche lässt sich ja immer am besten erkennen, wenn es visuell zu erfassen ist und nicht durch Menschenworte erst kommuniziert werden muss.
Bleibt die Frage, wer der ernsthafte Mann ist. Der Verlassene? Der Frauenräuber? Der Sohn, der in einem vollkommen veränderten Amerika aufwachsen wird? Der driftende Bruder? Ernsthaftigkeit ist eines dieser Worte, die stets flüchtig und implizit erscheinen. Wenn der Tod männlich ist, dann ist er natürlich der ernste Mann. Der grim reaper macht eben seinen Dienst nach Vorschrift und lässt nicht mit sich spaßen. Der Humor der Coens akzeptierte das immer.
Bleibt die Frage, wer der ernsthafte Mann ist. Der Verlassene? Der Frauenräuber? Der Sohn, der in einem vollkommen veränderten Amerika aufwachsen wird? Der driftende Bruder? Ernsthaftigkeit ist eines dieser Worte, die stets flüchtig und implizit erscheinen. Wenn der Tod männlich ist, dann ist er natürlich der ernste Mann. Der grim reaper macht eben seinen Dienst nach Vorschrift und lässt nicht mit sich spaßen. Der Humor der Coens akzeptierte das immer.
Fack ju Göhte, Bora Dagtekin
Hier und hier. Die Überraschung schlechthin: deutsche Filme können lustig sein ohne brachialst die RomCom-Sau durchs Dorf zu reiten. Freilich wird hier auch umherverliebt, aber vor allem geht es hier enorm schnell und bunt geschnitten zur Sache. Kinder beschimpfen kommt eigentlich immer gut, ist leider unpopulär. Hier ist es famos und zu recht. Junge Menschen sind aus besonderem Grund meist besonders verachtenswert. Lehrer sind in Theorie und Praxis sowieso furchtbare Beispiele für die Nichtigkeit der Welt. Hier auch.
FJG kommt nur ganz zum Schluss in die Nähe von "Hurra, die Schule brennt" (Wer würde bei einem Remake wohl Theo Lingen ersetzen?). Richtig so. Ansonsten ist das ein wirklich grundsympathischer atemloser Film, der Hoffnung gibt. Wenn das vergorene Lehrerpack eines Tages zu recht durch Cyborgs ersetzt wurde wird der Referenzrahmen leider fehlen.
FJG kommt nur ganz zum Schluss in die Nähe von "Hurra, die Schule brennt" (Wer würde bei einem Remake wohl Theo Lingen ersetzen?). Richtig so. Ansonsten ist das ein wirklich grundsympathischer atemloser Film, der Hoffnung gibt. Wenn das vergorene Lehrerpack eines Tages zu recht durch Cyborgs ersetzt wurde wird der Referenzrahmen leider fehlen.
Kiss & Kill, Robert Luketic
Hier und hier. Der Film ist amüsant durch kurzweiligen Schusswaffenhumor. Außerdem macht er Werbung für seine Vorbilder. Doris Day und Rock Hudson sind die Referenzen hier, die leider auch charmanter bleiben. Insgesamt eine Ansammlung von hübschen Landschaften, Häusern und zarten Genrezitaten. Für den richtig derben schwarzen Humor reicht es dann doch nicht, und deswegen wird es wahrscheinlich auch kein sequel und keine neue Kollaboration geben.
5/25/2014
The Fuck-Up, Arthur Nersesian
Hier. Endlich: Bukowski, Rechy, der tränengesottene Asphalt der schlaflosen Stadt ohne Gewissen. Nersesian erzählt über die Bemühungen des Helden ohne Mitleid, aber auch ohne Scham und Urteil. Der Junge verpfuscht es einfach alles. Er kriegt es nicht hin und dies ist keine Tragikomödie, wo das Leben eines Taugenichts dann doch noch in warme Bettchen führt.
Der Held stolpert durch die 1980er und seine 20er und aus Beziehungen heraus und herein. Teils weiss er, dass nur die Bedeutungslosigkeit auf ihn wartet. Er weiss dass er eigentlich nur ein Simulant ist, der auf Zeit spielt. Ein illustres Ensemble verwirrt ihn nachhaltig und lässt ihn hoffen und natürlich wird auch viel gesoffen - schließlich muss er sich aber seinem Status stellen: männlich, blass, hetero, arm und kraftlos. Er wollte nicht durch die üblichen Ringe springen und wird somit zur bluesigen Version eines älteren Holden Caulfield (der leider immer noch die Referenz für New Yorks härteste Einsamkeit herhalten muss).
Der Held stolpert durch die 1980er und seine 20er und aus Beziehungen heraus und herein. Teils weiss er, dass nur die Bedeutungslosigkeit auf ihn wartet. Er weiss dass er eigentlich nur ein Simulant ist, der auf Zeit spielt. Ein illustres Ensemble verwirrt ihn nachhaltig und lässt ihn hoffen und natürlich wird auch viel gesoffen - schließlich muss er sich aber seinem Status stellen: männlich, blass, hetero, arm und kraftlos. Er wollte nicht durch die üblichen Ringe springen und wird somit zur bluesigen Version eines älteren Holden Caulfield (der leider immer noch die Referenz für New Yorks härteste Einsamkeit herhalten muss).
Total Recall, Len Wiseman
Alles neu. Seufz. Hier und hier. Leider ziemlicher Quatsch. Die Bauten rocken allerdings: Erdkerntunnel und Mehrstufenautobahn und Waffen und Sonden und Displays. Alles schick. In der Summe leider seltsam seelenlos und dem durchaus ruppigen Original nicht wirklich ebenbürtig.
Zum Glück haben sie die dreibrüstige Prostituierte drin gelassen. Die gehört dazu. Mars hin, Erde her: an den sex workern wird man eine Gesellschaft erkennen.
Zum Glück haben sie die dreibrüstige Prostituierte drin gelassen. Die gehört dazu. Mars hin, Erde her: an den sex workern wird man eine Gesellschaft erkennen.
Dark Shadows, Tim Burton
Hier und hier. Es sollte eine eigene Genre-Bezeichung für Burton-BonhamCarter-Depp Filme geben. Wieder ist es schrullig und süss, wieder ist es düster und liebenswert.
DS ist also ein Film zu einer von vielen TV-Serien vergangener Zielgruppen, und so wirkt die Geschichte auch eigenständig leidlich originell. Schlimm wird nur so langsam, dass Depp scheinbar nur noch Depp spielen kann oder will oder soll. Freilich geht Karriere auch so. Aber liegt die Kunst in diesem Geschäft nicht auch beim Erzeugen von neuen Bildern, und keiner Reanimation bekannter Motive?
DS ist also ein Film zu einer von vielen TV-Serien vergangener Zielgruppen, und so wirkt die Geschichte auch eigenständig leidlich originell. Schlimm wird nur so langsam, dass Depp scheinbar nur noch Depp spielen kann oder will oder soll. Freilich geht Karriere auch so. Aber liegt die Kunst in diesem Geschäft nicht auch beim Erzeugen von neuen Bildern, und keiner Reanimation bekannter Motive?
5/24/2014
The Bourne Legacy, Tony Gilroy
Hier und hier. Gesehen um es gesehen zu haben. In guter Erinnerung ist Herr Damon als abwesend greinender Agent, der mit Zeitungen Prügel verteilen kann. Nun also Herr Renner - nicht minder qualifiziert und überraschend rege.
Schade nur die formelhaft hineingefriemelte love story. Warum nicht mehr Drohnen und Radioaktivität wagen? Jetzt wo es diverse Bourne-Klone gibt könnte man doch so einige Agenten verheizen, denn zum verheizen sind sie da.
Schade nur die formelhaft hineingefriemelte love story. Warum nicht mehr Drohnen und Radioaktivität wagen? Jetzt wo es diverse Bourne-Klone gibt könnte man doch so einige Agenten verheizen, denn zum verheizen sind sie da.
Milk, Gus Van Sant
Hier und hier. Das prämierte Bürgerrechtler-Biopic überzeugt mit Prägnanz und uneingeschränkter Spielfreude des Herrn Penn. Da wird weder übertrieben (so scheint es) noch wird übermäßig glorifiziert (so scheint es auch).
Man war ja nicht dabei, aber dank der Erinnerungsmaschine Hollywood können sich nun weite Teile verschiedenster Generationen mit dem politisch korrekt erinnerten Kapitel einer endlosen Geschichte von Xenophobie und individueller sowie kollektiver Identitätssuche auseinandersetzen. Wann beginnt eigentlich ein Dokumentarfilm und wann hört der sogenannte Spielfilm auf? Wann ist es eine Nachahmung des echten, wann ein erkennbarer Kommentar? Milk ist resolut und "straight" (hihi) in seiner Narration, denn er hat ja den nonlinearen Lauf der Geschichte hinter sich.
Man war ja nicht dabei, aber dank der Erinnerungsmaschine Hollywood können sich nun weite Teile verschiedenster Generationen mit dem politisch korrekt erinnerten Kapitel einer endlosen Geschichte von Xenophobie und individueller sowie kollektiver Identitätssuche auseinandersetzen. Wann beginnt eigentlich ein Dokumentarfilm und wann hört der sogenannte Spielfilm auf? Wann ist es eine Nachahmung des echten, wann ein erkennbarer Kommentar? Milk ist resolut und "straight" (hihi) in seiner Narration, denn er hat ja den nonlinearen Lauf der Geschichte hinter sich.
5/22/2014
Bad Neighbors, Nicholas Stoller

Nicht einen einzigen Moment bei diesem prägnanten Produkt denkt man an die Zeit, stetig sitzen die Dialoge und die wunderbar vertonten Akrobatiken. Die Protagonisten sind stets bei der Sache und es scheint, als wären viele Szenen eher frei nachgesprochen als exakt einstudiert worden: selbst in der synchronisierten Fassung wird angenehm viel gebrabbelt und durcheinander geplappert. Niemand wartet auf die Pointe des anderen und gemeinsam machen alle Unfug.
Hauptrolle spielt eigentlich aber das sprachlose Kind. Das ist das niedlichste und erheiterndste überhaupt in einem eh schon sehr lustigen Film. Klar ist das eine sehr unprätentiöse Art der Unterhaltung. Lebt Woody Allen eigentlich noch?
5/21/2014
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit, Bryan Singer
Hier und hier. Die Effekte sitzen und das 3D wird zeitgemäß bedient. Die zentrale Stellung von Wolverine fällt nicht unangenehm auf - die Zusammenführung der franchise-Generationen gelingt eben durch ihn als zeitlich-räumlich-ästhetische Kopplung. Die bei den X-Men immer unüberschaubare Anzahl von spektakulären Freaks wird angemessen behandelt.
Zukunft, Vergangenheit, Unterhaltung als Verbrauchsprodukt: Patrick Stewart hat so etwas ja schon einmal mitgemacht, als er auf Shatner traf. Da war er der neue Alte: verschleppte 1960er trafen auf rotierende 1990er und die Enterprise war eleganter. In diesem Produkt hier wird dann auch noch der Chic der 1970er beschworen, und wie immer sieht man sich drolliger simulierter Vergangenheiten ausgesetzt, die sich teils sehr harmonisch mit der sogenannten echten Geschichte decken. Kirk erscheint sogar auf einem flimmernden Fernsehschirm. Dann war Magneto in Dallas für gekurvte Flugbahnen: wunderbar. Ein herrliches Kuddelmuddel.
Wie immer bei solchen Vehikel erfreut detailgetreue Abbildung der aus den Vorlagen zusammengestellten Handlungselemente und die sorgsame Aktualisierung und Neu-Konfiguration selbiger. Die Sentinels sehen hier sehr viel besser aus und ebenso verdient Mystique diese zentrale Rolle. Kann man hier von Werktreue sprechen? Mitnichten, aber das ist eher veredelnd als verurteilend. Die wunderbare Welt der globalen Unterhaltung hat längst pragmatischere Lösungen gefunden.
Zukunft, Vergangenheit, Unterhaltung als Verbrauchsprodukt: Patrick Stewart hat so etwas ja schon einmal mitgemacht, als er auf Shatner traf. Da war er der neue Alte: verschleppte 1960er trafen auf rotierende 1990er und die Enterprise war eleganter. In diesem Produkt hier wird dann auch noch der Chic der 1970er beschworen, und wie immer sieht man sich drolliger simulierter Vergangenheiten ausgesetzt, die sich teils sehr harmonisch mit der sogenannten echten Geschichte decken. Kirk erscheint sogar auf einem flimmernden Fernsehschirm. Dann war Magneto in Dallas für gekurvte Flugbahnen: wunderbar. Ein herrliches Kuddelmuddel.
Wie immer bei solchen Vehikel erfreut detailgetreue Abbildung der aus den Vorlagen zusammengestellten Handlungselemente und die sorgsame Aktualisierung und Neu-Konfiguration selbiger. Die Sentinels sehen hier sehr viel besser aus und ebenso verdient Mystique diese zentrale Rolle. Kann man hier von Werktreue sprechen? Mitnichten, aber das ist eher veredelnd als verurteilend. Die wunderbare Welt der globalen Unterhaltung hat längst pragmatischere Lösungen gefunden.
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