12/05/2007

Elizabeth Costello, J.M. Coetzee

Genialität ist ein schweres Wort, doch es mag hier treffend sein. Der Kurzroman ist ein Proseminar der Geisteswissenschaften. Coetzee stellt Grundprobleme dar deren Besprechungen jeweils schon seit Jahrhunderten ganze Bibliotheken füllen. Es geht um die Tätigkeit des Lesens, des Schreibens und um die Position des Menschen dabei in der Mitte oder am Rand. Herr Coetzee, wer hat Ihnen das beigebracht?

Disgrace war schon so ein Kunstück: da hat er die Agonie und die Tiefe der postkolonialen Epoche als klassisches, aktuelles und auch noch zügiges Drama inszeniert.

Das U verabschiedet sich bei der Lektüre von Elizabeth Costello nie. Die Fahrten der alternden Literatin rahmen die philosophischen Exkurse und bieten eine spartanische und doch zweckmässige Bühne für sehr prägnante Erörterungen. Costello trifft auf Menschen, die aus der Perspektive von Nicht-WASPs, Christen oder Familienangehörigen ihre Berufung beurteilen. Denken und Schreiben ist spannend - wer hätte das gedacht? Für Coetzee ist die Sache ernst - ein verstaubtes Bildungsbürgerideal verteidigt er nicht. Der Campus ist nur eine Arena von vielen.

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