12/06/2007

Sphären I - Blasen, Peter Sloterdijk

Kein Roman, neinein, also auch keine Geschichte. Oder? Dochdoch! Herr Sloterdijk erzählt die Geschichte vom Raum - Weg von der Diktatur der Geschichtlichkeit und hin zu den weiten Feldern, die sich zwischen Gesichtern aufspannen, im Selbst, im Mutterleib und sonstwo.

Damit hat er die Haupt-Direktive modernder Romanciers erfüllt: nimm was simples und mach was episches draus. Ideenmarktlückenfüllung also? Das kann nicht im Graben sitzend entschieden werden.

"Sein und Raum" statt "Sein und Zeit", schreibt er, aber Heidegger wird eher erweitert als korrigiert. Jedenfalls scheint es so.

Herr S. ist kein Anthropologe und somit ist seine Raumgeschichte auch nicht chronologisch. Die einzelnen Kapitel, durchsetzt mit Exkursen, regen eher jeweils für sich dazu an, Räume neu (oder überhaupt) in variabler Theorietiefe zu denken. Erhellend ist die Lektüre allemal. Prächtig sind die kulturgeschichtlichen Beispiele und die Illustrationen. Eine wahre Schande ist es allerdings, dass bei dem Preis keine Kolorierung der Bilder drin war.

Überhaupt das Layout. Alle stöhnen über den Umfang der Trilogie, aber eigentlich ist das Ding künstlich aufgeblasen. Die Schrift ist riesig, das Format auf schwer getrimmt. Wahrscheinlich ist das bei S.'s Prominenz eine Bringschuld. Oder, mit Rückgriff auf das Thema Raum: nur, was genug Luft verdrängt kann auch genug Platz für zeitlose Gedankenreinheit bieten.

Herr S. schreibt sehr lebendig und entschuldigt sich (zu Recht) an keiner Stelle für seinen weitreichenden Wortschatz. Das trägt zu dem Unterhaltungswert des Werkes bei. Er reiht sich in keine Fachdebatte ein und schließt keinen interessierten, aber uninformierten Leser aus (so wie er hier im Graben sitzt und blättert). Ist Peter S. etwa der deutsche Umberto U.? Und soll das ein Gesichtspunkt für das Sphärenlesen sein?

Der nächste Band befasst sich mit den Räumen da draussen, den Atlanten. Der erste Band der Trilogie verursachte keinen Argwohn. Sphären I scheint wie ein sehr selbstsicheres Sprungbrett, eine gelungene erste Raumfahrt. Aber vielleicht sollte sie doch eher erstmal zu Heidegger führen, bevor man sich der Kartographie zuwendet. Bei manchen Geschichten machen die Hausaufgaben mehr Spaß als das spätere Abfragen.

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