5/11/2010

Thieves of Blood, Tim Waggoner

Mehr fantasy pulp und erster Band von The Blade of the Flame, freilich wieder ein Dreiteiler. Ein wirklich guter Kosmos, dieses Eberron-Ding. Es perlt wie Sprite aus dem Eisfach, kurz bevor sich kleine Plocken im Schaum bilden. Es gibt Vampire, Piraten ("ARRR!") und eine gemächliche Verfolgungsjagd. Schön.

Früher hat man in Germanien zu Sprite "Sprit" gesagt, so wie Benzin. Klare Limonade und auch Treibstoff gibt es aber nicht für nur einen Cent pro Abfüllung, anders als das konsumierte Romänchen. Gut so. Mehr kann einem dazu aber auch nicht einfallen.

5/05/2010

Kick-Ass, Matthew Vaughn

'Twas about time to kick ass. Hier erstmal ein Bild von gamealmighty.com.

Der Film macht so viel richtig. Zum einen ist er fröhlich derb und herb und ist auch den Nicht-Nerds (die soll es ja auch geben, in ominösen Reservaten) eine Freude, so sie denn schwarzhumorig an ihre Freizeitbewältigung gehen. Zum anderen ist er eine mehrfach kluge Diskussion des Genres Comic in Bild und Kino.

Es ist anzumerken, dass der Held (Definition dieses Begriff steht im Filmkern) die gleiche Synchronstimme hat wie Frollein Maguire als Peter Parker. So kann sich den Germanen die Multiplizität des visuellen US-Popcorns gar nicht erschließen! Oder es ist ein interessanter Aspekt, der die Komplexität zwischen "Mimikry" und "Kopie" quer durch die Ebenenen aufdröseln kann.

Soviel zum Verschädeln des Vergnügens. Um nocheinmal letzters zu betonen: ARSCHTRETEN IST STETS EINE SCHAU. Vielleicht ist das die einzige Lektion, die eine Schule und ihr angegliederter -hof erteilen kann: wenn sich wer prügelt, schaut man immer hin, egal ob Helden gewinnen oder nicht. Im Kinosaal hat man lange nicht mehr soviel Raunen und Ächzen im Publikum gehört. Und die Kuschelpärchen haben sich endlich auf's Wesentliche konzentriert: den Film (mainstream Comicfilme schaffen das nicht).

Vor allem das fantastische kleine Mädchen, dass sich mit Shuriken und Hohlmantelgeschossen auskennt, begeistert. Hier wird die hoffnungslos überödipalisierte Comic-Torte wunderbar angeschnitten. Und Nicci Cage hätte man soviel ironische Freude kaum zugetraut: als Big Daddy ist er doch ein (manisch-suizidaler) Pfundskerl, der alte Haudegen.

Bitte, bitte: das Arschtreten muss in einem Sequel weitergehen. Teile von NYC stehen noch und es gibt immer genug Mafiosi zum Ausweiden.

Undead, Richard Lee Byers

Quasi "Die Zwei Türme" der Haunted-Lands-Trilogie. Hier. Warum rockt das Ding nicht so wie es sollte? Weil der Autor es übertreibt. Diese ganze Untotenalchemie ist irgendwie zuviel. Und wieso können Dämonen untot sein? Und wieso ist ein nicht abgetriebener Fötus der Zwischengegner für die viel zu schillernden Protagonisten? Fragen über Fragen. Vielleicht ist Byers eigentlich ein Zeichner, der Absonderlichkeiten in 2D anfertigt und der nun eine Geschichte drumrum strickte. Oder ist dieses Produkt eine Antwort auf die Spielerrasse der Untoten bei WoW? Noch mehr Fragen.

Glasshouse, Charles Stross

Hier. Stross hat auch Accelerando geschrieben und auch im Glashaus geht es um eine menschliche Zivilisation *nach* der Singularität. Das ist harter Stoff. Es gibt Körper-Geist-Uploads und Materie-Konverter/-Kopierer. Wem Star Trek zu utopisch ist, der wird von Stross restlos überfordert sein. Und das macht die Lektüre so spannend.

Die Protagonisten gehen mit Raum-Zeit-Verschiebungen und Generationsschiffen um wie gegenwärtige Kinder mit Schaukeln. Da muss man sich erst einmal dran gewöhnen: die Posen und Aktionen des Unterhaltungsgenres, wie beispielsweise ein Duell bei Morgengrauen, haben verblüffend wenig Relevanz wenn die Kontrahenten sich vorher geklont und ge-backup-t haben. In Glasshouse ist Spionage und Täuschung sehr wichtig: zunächst wird der/die Held/in (Chromosomen sind auch nur Fleisch) ohne Gedächtnis in eine art BigBrother-Show geworfen, um dann in einer amüsant Truman-mäßigen Scheinwelt (die zeitlich in der finsteren Dämmerung des 21. Jahrhunderts angelegt ist) diverse Uteri zu verteidigen. Der letzten Seiten sind trotzdem spannend. Folgerichtig, aber überraschend.

Sehr inspirierend. Danke, Herr Stross.

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UPDATE: Bei io9.com gibt es eine umfassende und hilfreiche Erläuterung des Konzepts der Singularität. All hail the posthuman!

5/03/2010

The Man in the High Castle, Philip K. Dick

Hier der wiki-Artikel.

Ja, was wäre denn nun wenn? Dieser Klassiker zeigt nicht genau, WAS dann wäre, sondern die Umstände einer solchen Frage. Alles nicht so einfach. Also: in dem Roman gibt es einen Roman, der das "WasWäreWenn" beschreibt, welches die Geschichte des Lesers ausmacht. Daher auch der seltsame deutsche Titel: das "Orakel vom Berge" ist der Autor in Dicks Roman, der die Dystopie eines besiegten Nazi-Deutschlands umschreibt.

Ach, Geschichte - die teils kristalline Kognition eines kulturellen Makrosystems. Dick hat keinen SciFi-Reißer geschrieben, bei dem Nazi-CybOrks die dem Leser genehme Weltanschauung bedrohen, nein: hier gibt es einige Gestalten, die sich mit dem Mysterium der Zeit insgesamt auseinandersetzen. Da wäre ein Antiquitätenhändler, der sich an der historischen "Aura" der Dinge bereichert und jene demensprechend zu maximieren trachtet. Da ist auch Spionage und Täuschung, denn die ist teil aller politischen Kontrollsysteme. Und da ist die Pilgerin, die in einer sehr schönen finalen Szene zum Erdenker einer vermeintlich besseren Weltordnung vordringt und sich eigentlich in seine Fiktion hineinwünscht und enttäuscht werden muss.

Wann bekommt Dick seinen festen Platz im schulischen Lehrbetrieb? Vielleicht ist er noch immer zu gefährlich für jene Kaste, die anderen die Welt erklären soll.

Und vielleicht ist ja Fatherland von Robert Harris ein wenig süffiger - besser ist er bestimmt nicht.

4/28/2010

Vincent will Meer, Ralf Huettner

(mmmMMM-P...) Aus Finsternis bricht Wort heraus und hallt durch Räume mit Gegraus. Der tourettierende Vincent ist der Protagonist in einem sehr sympathischen Roadmovie um sogenannte (mmmmmmMMMMMMMMMM-PPP!) Gestörte, die eigentlich eher Störende sind - sie werden nämlich zur Entlastung der Außenwelt weggeschlossen und dürfen nicht raus, um zum Beispiel die Asche der Mutter in die Adria zu wuppen. (mmmMM-P!) Soweit, so Öffentlich-Rechtlich-kompatibel.

Was der Film richtig gut macht, ist die nicht hyperverzuckerte Liebesgeschichte - denn Liebe allein kann nicht heilen, wenn die Geliebte auf ihrer Krankheit beharrt. Jede sogenannte Erkrankung hat ihre eigene Geschichte und kein Film kann so bräsig sein, eine Vielzahl davon gleichzeitig erzählen zu wollen. (mmmMMMM-PENIS!) Die Schauspieler überzeugen, ob nun Veteranen oder Nachwuchs.

Tourette ist eine sehr zeitgeistige Erkrankung und wird hoffentlich noch in weiteren Filmen/Texten behandelt werden. Es ist der erzwungene Ausbruch, der wortreiche Zwangsprotest und somit Indikator von all diesen kleinen Lügen, die die Grenzen von "normal" und "gesund" zementieren. (mmmMMMMMPFFPFFFPFF-OTZE!?! Verzeihung.)

4/23/2010

Mikro-Dauer-Wellen

Im Konsumgraben wird ja konsumiert und gegraben. Und beides beinhaltet auch schnöde materielle Proteinspender wie Hackfleisch und Teigprodukte. Somit darf auch diese aufschlußreiche Kurz-Doku über moderne Küchenrituale gelinkt werden. Bei dem "Bing!" denkt man an Glocken... und Sabber... und Hunde, die bei Glockenklang sabbern... wie war das doch gleich?

Die Frisur der Dame hat etwas Hypnotisches. Erstmal was zu essen machen.

Okay...there's the bell! from Everything Is Terrible! on Vimeo.



Everything Is Terrible ist sowieso eine ganz große Seite. Merci.

Otto; or, Up with Dead People, Bruce La Bruce

Uh, der traut sich was.

Zunächst zur Genre-Frage: das ist einer von den Verstör-Filmen, die gern einige Kinobesucher aus den Sesseln jagen. Wer von Triers Antichrist nicht mochte, der wird bei diesem Vehikel grob fluchen und Möbel werfen. Obgleich die Inhaltsangabe eine beschwingte Groteske versprechen könnte: Otto ist ein schwuler Zombie und soll irgendwie in einem Film über schwule Zombies mitspielen, ohne als so etwas erkannt zu werden. Es gab da ja mal ein ähnliches Experiment mit Nosferatu... da spielte ein echter Vampir einen ebensolchen. War das schon wieder Willem Defoe? Herrje. Enge Kreise... und Kinski grinst im Abendrot.

LaBruce rumpelt gerne durch die Gender-Sex-Kosmologien und weiß, zu verstören. Der ultraderbe Film für Erwachsene scheint Fragen zu formulieren: wie ekelhaft kann Sex sein? Wie tief ist die Ächtung des Anormal-sexuellen in der Welt und im Subjekt selbst? Es scheint, als sei das Management von Ekel das eigentlich verbindende Element im Triebleben des Menschen... man hat keine Wahl, außer das für einen selbst weniger Widerliche geschehen zu lassen.

Von der Ästhetik her fühlt sich der Konsument an die Texte von Dennis Cooper (vielleicht auch wieder Delanys Hogg) erinnert, der ebenso die Zerstörung des homo(anti-)erotischen Körpers in Theorie und Praxis thematisiert. Das Ding liegt quer. Ein Sequel wird es wohl nicht geben. Jetzt erstmal Bambi in TechniColor.

Waterdeep, Richard Awlinson

Dritter Teil des pulpy D&D-Produkts, das hier und hier schon konsumiert wurde. Der Ring wurde im Vulkan versenkt. Oder so.

Zusammengedacht mit den Clash of Titans lässt sich festhalten, dass dies vielleicht die notwendig amerikanische (konsumbürgerliche?) Art ist, mit Mythen und Göttergewalt umzugehen. Man will ja nichts europäisches zitieren - stattdessen muss man eine Mythologie emulieren. Schelme und Torwächter könnten nun behaupten, dass der durchschnittliche Konsument auf dem Unterhaltungsmarkt eher wenig gebildet mit klassischen Stoffen ist und dass Zeug wie dieses hier auch Produkt eines obsoleten Bildungssystems sein könnte. Vielleicht ist das der Schlüssel zu einem Großteil aller Fantasy-Unterhaltung: Sehnsucht auf Quasi-Religion bei Aberkennung (bzw. Nicht-Erkennung) einer kulturspezifischen Textsammlung.

Ach. Was mit Vampiren wäre besser gewesen.

Clash of Titans, Louis Leterrier

Ludwig der Terrier hat bereits Dinge gemacht wie den zweiten Hulk mit Herrn Norton und den Transporter. Das Bild hier stammt freilich aus dem Original.

Der Hauptdarsteller ist eine seltsame Person, da er anscheinend nur in effektuösen dicken Produkten agiert. Vielleicht ist sein Gesicht leer genug, um neben der digitalen Orgie zu bestehen. Vielleicht hat Hollywood eingesehen, dass das Star-System in die analoge Medienwirtschaft gehört und dass die chirurgische Finesse von Regisseuren, Cuttern und "Veredelern" in den Vordergrund gehört.

Ach, die Griechenjungs. Mit feisten Elben-Schwertern bestätigen sie ihr maskulines Anrecht auf die Beherrschung böser Fraulichkeit. Aber ebenso stellen Sie sich den Patriarchen entgegen, die abstrakte Ränkespiele arrangieren und Politik machen. Der klassische Stoff ist ein erklärendes Vehikel für viele Tatsächlichkeiten westlicher Gesellschaften, aber dieser Film betont das freilich nicht. Nein, Poltern soll's und "Ui!" soll der Konsument sagen. Tut er auch. Ein anständiger Film, der weder Oscars noch kultische Verehrung anziehen wird.

4/18/2010

Jetzt aber wirklich: Pete Steel RIP

Aus aktuellem Anlass eine Todesanzeige, obgleich die Überraschung sich in Grenzen hält.

Es wäre ja auch sehr grotesk, wenn der Herr Stahl von Type O Negative ein Rentner werden würde. Dafür hat er sich viel zu effizient mit dem Tod in all seinen Variationen auseinandergesetzt. Schon 1992 rumpelten TON aus und durch Brooklyn... hier ein wenig Nostalgie.



Und dieses Black-Sabbath-Cover ist immer noch punktgenaue Agonie. Pete Steel wird vermisst werden... irgendwie.

The Queen of Death, Matt Forbeck

Ist die dusselige Trilogie endlich am Ende. Alle Questen geschlagen... auf den letzten Metern geht dieser Zweckliteratur ein wenig die Luft aus. Noch mehr Drachen. Zumindest wird der der verflixte Wechselbalg richtig eingesetzt.

Ein netter Cheeseburger ohne Käse mit einem Optimum an Gurken.

4/14/2010

My Dead Body, Charlie Huston

Worte wie gemeißelt. Absätze mit Zähnen. Wahrheit mit Gedärm. Joe Pitt kann sich das Kettenrauchen leisten, als Untoter. Ein stimmiger Abschluss. Ein Abschied auf Zeit? Bitte.

Das Blut tost durch Manhatten und die Raffzähnchen machen Krieg, das ist nichts Neues. Halbneu allerdings die Exegese der evolutionsbiologischen Implikationen des Vyrus (uh, mit "y", jawohl) - das macht Laune und erklärt viele andere Critter.

Noirtypisch ist Pitt die Arena des Schmerzes. Durstig und geschunden verliert er Knochen, restliche Hemmungen und Hoffnungen. Mehr Huston, bitte: es wäre eine Schande, wenn der vor oder hinter der Theke verkommen würde. Keiner schreibt so hypertrocken. Unnachahmlich. Wo kann man das lernen? In den tiefen Katakomben mit den Kratzspuren an der Wand? Sein neues Produkt heißt Sleepless und könnte auch ohne Joe Pitt derb schütteln.

Brooklyn's Finest, Antoine Fuqua

Da Germanen den Titel freilich nicht verstehen, heißt er in Germanien so wunderdoof "Gesetz der Straße". Warum werden eigentlich immer nur bekiffte Praktikanten CEOs von Film-Marketing-Abteilungen? Harumpf.

Training Day II? Nein. Aber auch nicht besser. Drei Biographien laufen in einem Knoten zusammen und im finsteren Brooklyn wird die existentialistische Wucht des Polizistenberufs deutlich. Drama, baby. Mit Schusswaffen ein Muss.

Die Bilder sind schwitzig und verwischt - eigentlich will man nur das fertig machen, was man gerade macht und wieder nach Hause. Besagter Ort ist freilich ein Luftschloss bzw. Gefängnis. Dieser urbane Kosmos ist eine Welt nach Travis Bickle und nach NWA und nach "No Child Left Behind" und solchem Quatsch - und die Hautfarben werden dabei einfach nicht kommentiert. Das ist vielleicht das verstörendste an diesem Thriller: die stumme Zurschaustellung des Afro-Amerikanischen Alptraums. Sehr gern würde der Konsumgräber eine Rezension von Spike Lee dazu lesen. Durfte Antoine Fuqua diesen Film auf diese Art machen, weil er selber kein Weißer ist?

Von den Darstellern ist überraschenderweise Richard Gere (ja, der!) der beeindruckendste. Ist es die Aura des Alters? Die reglosen Züge und der offensichtliche Bankrott? Die Pose des kraftlosen alten weißen Mannes? Aber insgesamt leistet sich das Ding keine mimischen Totalausfälle. Keiner der beteiligten Akteure sollte umschulen... schön wäre es, wenn jetzt alle eine romantische Komödie drehen und ein wenig Torte essen oder so. Die Aniston hat bestimmt Zeit.