Jawohl, so wird das gemacht. Jede seiner vielen Minuten nutzt das vortreffliche Werk um ein Panorama zu zeichnen in das man sich als Zuschauer gern hineinflezt. Hier wird nicht auf Pointen oder den body count geachtet, hier spannt sich ein klassisches Drama ohne zu stauben. Die Ermordung des Jesse James erweitert den ausgehöhlten Begriff des Westerns und ist durchweg erfreulich und gut.
Große Bilder überall. Spätestens als die Banditen nächtens im Gehölz ihre Masken aufsetzen geht der Mund zum ersten Mal auf. Bei Tageslicht geht es weiter: das weite, leere Land isoliert alles und jeden. Kälte bleibt stets im Bild - und (Achtung Wortscherz) mit keinem der Charaktere kann man wirklich warm werden. Auch die Räume der Häuser wirken nicht sauber reduziert sondern wie kurz nach zuviel fiesem Schnaps in zu kurzer Zeit. Leergespien und ausgeblutet beinhalten sie die Verlorenen. Das eine Blut sprüht zum Dachbalken, anderes gegen die Wand.
Die Schauspieler leisten sich keinen Fehler. Rockwell ist der feixende Verlierer der tanzend tut während er taumelt. Pitt macht den James wie er den Achilles machte: müde, weitab der grossen Hoffnungen, für immer jenseits der Normalsterblichkeit. Hier ist er aber noch ein wenig gebrochener: beim Taktieren seiner potentiellen Mörder weiss man nie wirklich, wo Spiel und Ernst enden und wo Jesse selbst anfängt. Affleck meistert die uneitle Rolle des dümmlichen Welpen ganz hervorragend. Er schaut glasig in die Welt hinaus als ob er sich zu lange selbst in ihr suchte und nicht fand.
Eastwoods Erbarmungslos ist hierbei kein Pate. Jesse James behandelt das gute alte Thema Medien und Amerika. Der Fan, der Held, die Masse und der Tod bilden einen soliden Nährboden für ein erwachsenes Trauerspiel.
Der Film konnte wohl nur so gut werden, weil die Originalgeschichte fast zu gut ist, um wahr zu sein. Verbrecher sind in den USA etwas anderes, vielleicht sogar etwas notwendig-besonderes. Fakt und Fiktion brechen sich wohl dort in kaum einem anderen Archetypen so sehr. Schaun wir mal, was mit American Gangster demnächst ins Haus steht.
11/17/2007
Plan 9 From Outer Space, Edward D. Wood, Jr.
Ja, schon wieder. Erst bei wiederholter Betrachtung offenbart sich Woods Planlosigkeit beim Drehen. Die geringe Laufzeit des Werkes mag zur Re-Vision verleitet (verlitten) haben, doch es kann auch sein dass das dumpf-stumpfe Kasperletheater einen grotesken Charme entwickelte, dem man sich nur schwer entziehen kann.
Jaja, und Dich kriegen sie auch noch.
Jaja, und Dich kriegen sie auch noch.
Ludmila's Broken English, DBC Pierre
Mit seinem Debüt Vernon God Little hat DBC Pierre Gerüchten zufolge die Schulden bezahlt, die sich während einer zehnjährigen Drogenkarriere angehäuft hatten. Außerdem hat er damit den wohl erfrischendsten Roman über Schulmassaker und TexMex-Spannungen geschrieben. "DBC" soll "dirty but clean" heissen. Aha.
Mit diesem neuen Roman betreibt der Autor zumindest Imagepflege. Wieder geht es um Sex, Gewalt, Dreck, Drogen, und in mehrfacher Hinsicht grenzüberschreitenden Humor. Letztlich ist es das Diktat des Fleisches, das als Urmotiv herhalten muss: die Heath Twins sind jüngst getrennte siamesische Zwillinge, die dem mutierenden englischen Pflegesystem entkommen. Ihr Weg in die zivile teilglobalisierte Außenwelt führt sie dann zum frischen reinen Fleisch von Kauf-/Mietbräuten aus dem ehemaligen Sovietreich: Ludmila.
Pierre macht wieder keine Gefangenen. Der Zielgruppe wird der infame Film über die Reisen des Borat in Amerika noch im Gedächtnis sein. Der Humor ist hier ähnlich und wer ihn nicht mag, wird diesen Roman verfeuern.
Oberflächlich somit auf jeden Fall verstörend. Insgesamt aber eher ein Schritt zur Seite für Pierre: herb und schnell wälzt der Text dahin. Ist die amüsant-literarische Eroberung des Wilden Ostens gerade im Trend? Es gab da doch diese Dame, die über ukrainische Traktoren schrieb, oder? Mal schauen.
Mit diesem neuen Roman betreibt der Autor zumindest Imagepflege. Wieder geht es um Sex, Gewalt, Dreck, Drogen, und in mehrfacher Hinsicht grenzüberschreitenden Humor. Letztlich ist es das Diktat des Fleisches, das als Urmotiv herhalten muss: die Heath Twins sind jüngst getrennte siamesische Zwillinge, die dem mutierenden englischen Pflegesystem entkommen. Ihr Weg in die zivile teilglobalisierte Außenwelt führt sie dann zum frischen reinen Fleisch von Kauf-/Mietbräuten aus dem ehemaligen Sovietreich: Ludmila.
Pierre macht wieder keine Gefangenen. Der Zielgruppe wird der infame Film über die Reisen des Borat in Amerika noch im Gedächtnis sein. Der Humor ist hier ähnlich und wer ihn nicht mag, wird diesen Roman verfeuern.
Oberflächlich somit auf jeden Fall verstörend. Insgesamt aber eher ein Schritt zur Seite für Pierre: herb und schnell wälzt der Text dahin. Ist die amüsant-literarische Eroberung des Wilden Ostens gerade im Trend? Es gab da doch diese Dame, die über ukrainische Traktoren schrieb, oder? Mal schauen.
11/15/2007
Von Löwen und Lämmern, Robert Redford
Wie aufgeräumt! Das Ding geht los und man ist drin und trotz mehrerlei unterschiedlicher Schauplätze offenbart sich des Themas Tragweite. Also vom Handwerk sauber und durchaus unterhaltungskompatibel. Soweit, so gut, so zynisch.
Wo ist der Haken? Man weiss ja, dass die Revolution nicht televisioniert wird. Im Kino findet sie aber auch keinen Platz. Das Werk beweist einmal mehr, wie sehr das Hollywood-System doch von grossen Namen und *hüstel* Modethemen (an denen Blut klebt) gestützt wird. Jemand, der sich so einen Film anschauen will, weiss das aber freilich.
Redford will nur Gutes, das darf man ihm ruhig glauben. Bedeutendster Beleg dafür dürfte die nüchterne Art sein, mit der die Bilder gemacht wurden. Vor Ort in Afghanistan spielt sich das Drama in einer Eiskuhle ab und kein zweiter Hubschrauber muss spektakulär zerschossen werden. Die Darsteller liefern punktgenau. Cruise macht uns den Republikaner sehr gut und Redford gefällt sich selbst als Politikprofessor und auch dem Zuschauer. Es wird klar, dass der Krieg da drüben auf vielen Schlachtfeldern gefochten, verteidigt, beendet und gewonnen werden könnte. Konjunktiv.
Achja. Krieg und Kino. Wäre es besser, wenn letzteres ersteren ignorieren tät? Man wird es nie wissen. Von Löwen und Lämmern ist zumindest keine vertane Zeit und mag Ausgangspunkt für uncoole politische Positionierungen sein.
Wo ist der Haken? Man weiss ja, dass die Revolution nicht televisioniert wird. Im Kino findet sie aber auch keinen Platz. Das Werk beweist einmal mehr, wie sehr das Hollywood-System doch von grossen Namen und *hüstel* Modethemen (an denen Blut klebt) gestützt wird. Jemand, der sich so einen Film anschauen will, weiss das aber freilich.
Redford will nur Gutes, das darf man ihm ruhig glauben. Bedeutendster Beleg dafür dürfte die nüchterne Art sein, mit der die Bilder gemacht wurden. Vor Ort in Afghanistan spielt sich das Drama in einer Eiskuhle ab und kein zweiter Hubschrauber muss spektakulär zerschossen werden. Die Darsteller liefern punktgenau. Cruise macht uns den Republikaner sehr gut und Redford gefällt sich selbst als Politikprofessor und auch dem Zuschauer. Es wird klar, dass der Krieg da drüben auf vielen Schlachtfeldern gefochten, verteidigt, beendet und gewonnen werden könnte. Konjunktiv.
Achja. Krieg und Kino. Wäre es besser, wenn letzteres ersteren ignorieren tät? Man wird es nie wissen. Von Löwen und Lämmern ist zumindest keine vertane Zeit und mag Ausgangspunkt für uncoole politische Positionierungen sein.
11/13/2007
Chase This Light, Jimmy Eat World
Die Erwartungen drücken hier recht schwer - eine der tiefsten postadoleszenten Verkaterungen wurden mit dem Frühwerk untermalt und haben somit den Konsumgraben arg gefurcht. JEW's Name ist zwar nicht so verkrustet wie der der Smashing Pumpkins, doch die Neugierde auf Fortsetzungen blieb.
Die Erinnerung an sinnfreie Diskussionen von Ausverkauf und Avantgarde klingeln noch in den Ohren. Aber das ist ja hier kein Schulhof und man sitzt auch nicht in der Erst-Kneipe am linken Barrand. JEW reihen gute Songs aneinander. Von einer etwaigen Punk-Attitüde ist das vielleicht das signifikanteste Erbe. Allerdings sind diese guten Songs nicht gut durch Räudigkeit und knucklebustin' madness, sondern durch zutiefst harmonische Vielseitigkeit. Somit trifft man sich mit den ehernen Gesetzen des gemeinen Pops. Jeder Song auf Chase This Light ist eine Hermetik für sich, die einen gern eintreten und verweilen lässt. Hier wird niemand auf den Baum gejagt... hier möchte man auf einem Ast sitzen und ein bisschen zuhören und runterschauen.
Zur Rebellion vollkommen ungeeignet. Aber die potentiellen Rebellen von heute versteht ja eh kein Mensch.
Und läuft und läuft und läuft. Skandalfreie Fenstermusik kann man das auch nennen. Zum richtigen Beschimpfen reicht es nicht denn niemand kann sich dem Charme von Cinemascope-Songs entziehen. Ist das erwachsen? Ist das nicht das Ende? Jimmy Eat World sind wie die gekämmte Antarktis des Gitarrenmusikglobus die dem strubbeligen Nordpol der Queens of the Stone Age entgegensteht. Bei Mr. Homme wuppen fluppenbewehrte Tanzzwerge den Ellbogenfoxtrot um ein Lagerfeuer aus Knochen - Mr. Adkins hat ein wenig den Schnee weggefegt, Klappstühle mit Kissen aufgestellt und ein Streicherorchester eingeladen, das wahlweise mitspielt oder zuhört.
Warum können beide Bands nicht mal einen Totalausfall fabrizieren und somit ein wenig sterblicher wirken? Mit Alben wie Chase This Light wird die Furche im Graben jedenfalls nicht verrissen.
Die Erinnerung an sinnfreie Diskussionen von Ausverkauf und Avantgarde klingeln noch in den Ohren. Aber das ist ja hier kein Schulhof und man sitzt auch nicht in der Erst-Kneipe am linken Barrand. JEW reihen gute Songs aneinander. Von einer etwaigen Punk-Attitüde ist das vielleicht das signifikanteste Erbe. Allerdings sind diese guten Songs nicht gut durch Räudigkeit und knucklebustin' madness, sondern durch zutiefst harmonische Vielseitigkeit. Somit trifft man sich mit den ehernen Gesetzen des gemeinen Pops. Jeder Song auf Chase This Light ist eine Hermetik für sich, die einen gern eintreten und verweilen lässt. Hier wird niemand auf den Baum gejagt... hier möchte man auf einem Ast sitzen und ein bisschen zuhören und runterschauen.
Zur Rebellion vollkommen ungeeignet. Aber die potentiellen Rebellen von heute versteht ja eh kein Mensch.
Und läuft und läuft und läuft. Skandalfreie Fenstermusik kann man das auch nennen. Zum richtigen Beschimpfen reicht es nicht denn niemand kann sich dem Charme von Cinemascope-Songs entziehen. Ist das erwachsen? Ist das nicht das Ende? Jimmy Eat World sind wie die gekämmte Antarktis des Gitarrenmusikglobus die dem strubbeligen Nordpol der Queens of the Stone Age entgegensteht. Bei Mr. Homme wuppen fluppenbewehrte Tanzzwerge den Ellbogenfoxtrot um ein Lagerfeuer aus Knochen - Mr. Adkins hat ein wenig den Schnee weggefegt, Klappstühle mit Kissen aufgestellt und ein Streicherorchester eingeladen, das wahlweise mitspielt oder zuhört.
Warum können beide Bands nicht mal einen Totalausfall fabrizieren und somit ein wenig sterblicher wirken? Mit Alben wie Chase This Light wird die Furche im Graben jedenfalls nicht verrissen.
11/08/2007
The Orchard Keeper, Cormac McCarthy
Diesmal das Debut. Und wie da der Faulkner aus den Seiten trieft! Somit kann man mit dem einzigen kleinen Makel beginnen: McCarthy macht das Verfolgen der Geschichte durch Rück-, Neben- und Zwischenblenden ein wenig kompliziert. Aber ist das denn schlimm? Seine Sprache hat noch nicht die famose stumpfe Gewalt entwickelt, die bei den späteren Werken so zu beeindrucken weiss. Doch trotzdem ist kein Satz zuviel in den 250 Seiten: McCarthy zeichnet Bilder vom Leben im Tod, die plumpe Morbidität nicht nötig haben. Kompliziert ist gut und Faulkner ist eher Schatten am Horizont als Kopiervorlage. Wie nur manchmal im Konsumgraben lohnt sich bei The Orchard Keeper die verstärkte Aufmerksamkeit. Es fügt sich am Ende alles zu einem wahrlich *erhabenen* Bild zusammen. Ja, erhaben. Nicht esoterisch.
Die Geschichte befasst sich mit drei Generationen von nordamerikanischen Männlichkeiten zwischen Wildnis und Kaff in den 1940ern. Der Einsiedler, der windige Alkoholschmuggler und the Kid, ein staunender Junge, treffen aufeinander. Alle haben ihren eigenen Weg durchs Gehölz und durch die Jahre - teils miteinander, teils nebeneinander. The Kid erlangte ja dann im unglaublichen Blood Meridian eine Schlüsselrolle im Gesamtwerk.
Gewaltige Symbole können schnell angelegt werden. Das Buch ist gemäss der vier Jahreszeiten geordnet: Regen und Erdrutsch, Kälte und brechendes Eis. Die Rolle der Tiere ist nicht zu unterschätzen. Ein Kopfgeld für Greifvögel, ein halbblinder Hund und eine Katze, die aus dem verfallenden Haus auszieht.
McCarthy ist unvergleichlich da er über einen Ort schreibt, der die Kategorien "ehrlich" und "echt" nicht anerkennen kann. Ein ununterschätzbarer, wichtiger, grosser Autor. Mehr, mehr, mehr. Hier sitzt ein Fan, der noch enttäuscht werden muss.
Die Geschichte befasst sich mit drei Generationen von nordamerikanischen Männlichkeiten zwischen Wildnis und Kaff in den 1940ern. Der Einsiedler, der windige Alkoholschmuggler und the Kid, ein staunender Junge, treffen aufeinander. Alle haben ihren eigenen Weg durchs Gehölz und durch die Jahre - teils miteinander, teils nebeneinander. The Kid erlangte ja dann im unglaublichen Blood Meridian eine Schlüsselrolle im Gesamtwerk.
Gewaltige Symbole können schnell angelegt werden. Das Buch ist gemäss der vier Jahreszeiten geordnet: Regen und Erdrutsch, Kälte und brechendes Eis. Die Rolle der Tiere ist nicht zu unterschätzen. Ein Kopfgeld für Greifvögel, ein halbblinder Hund und eine Katze, die aus dem verfallenden Haus auszieht.
McCarthy ist unvergleichlich da er über einen Ort schreibt, der die Kategorien "ehrlich" und "echt" nicht anerkennen kann. Ein ununterschätzbarer, wichtiger, grosser Autor. Mehr, mehr, mehr. Hier sitzt ein Fan, der noch enttäuscht werden muss.
Plan 9 From Outer Space, Edward D. Wood, Jr.
Plan 9 enttäuscht tatsächlich unausgesprochene Erwartungen, wodurch selbige Selbstverständlichkeiten erst offengelegt werden. Dekonstruktion deluxe. Die Schnitte sitzen arg schief, der Plot ist recht sinnfrei und die Dialoge schlichtweg bizarr. Das macht den Film auf seltsame Art und Weise wertvoll: seine debile Konzeption erzeugt ein gutes, braves Kichern. Man bestaunt die Drolligkeit der Bemühungen aller Beteiligten. Ein wahrlich einmaliges, weil unvergleichliches Erlebnis. "Grabräuber aus dem Weltall" sollte er eigentlich heissen. Da muss man mal drauf kommen.
Wie immer ist die Geschichte hinter der Geschichte um einiges interessanter: das Leben und Streben des Mr. Wood oder seiner Darsteller etwa. Die auf der DVD befindliche Dokumentation läuft genauso lang wie der Hauptfilm und steht jenem an Unterhaltungswert in nichts nach.
Der Werdegang von Bela Lugosi ist recht aufschlussreich, um die menschenfressenden Qualitäten der Unterhaltungsfabrik anzudenken. Nach dessen Ableben wurde er hier prompt durch seinen Chiropraktiker ersetzt. Hauptsache, das Dracula-Cape sitzt. Asche zu Asche, Pappe zu Pappe. Ein ehrlicher Film und somit lange nicht so furchtbar wie Independence Day und Konsorten.
11/07/2007
Halloween, Rob Zombie

Und ein wenig beklemmend ist es schon. Slasherfilme sind ja ähnlich wie Fussball im TV, doch ihr Recycling durch einem offensichtlich sehr, sehr enthusiastischen Regisseur verstört etwas. Die erschreckend simplen Erklärungsversuche stossen dem Hobby-Humanisten hier besonders übel auf: wütendes Kind, böser Mann. Das Umfeld ist schuld, *gähn*. Rein cinematographisch ist die Geschichte des jungen Mike aber noch am spannendsten. Daeg Faerch spielt den babyspeckigen Strähnfrisur-Killer so gut, dass man Angst um seine geistige Gesundheit haben darf.
Derartige Filme predigen die Dualismen in einer ansonsten konfusen Welt. Myers ist stumm und in seiner Rolle als Naturgewalt der Welt entrückt. Die Opfer hingegen sind umso fleischlicher: Sie schreien, erstreben Stuhlgang oder werden im Laufe des Films immer ramponierter. Konsequenz und Hysterie, quasi.
Eine Symbolik, die sich bei den lieben Kleinen fortsetzt, als Mike schon erwachsen und der Zelle entkommen ist: der kleine Junge ist als Tod geschminkt (ein Knochengesicht hat keine Mimik und ist nur kühle Materie) und das kleine Mädchen als antike Königin. Er stellt die stumpfe Wahrheit des Sterbens dar, sie steht (hier aber auf harmlose Art und Weise) für das (Aus-)Schmücken des Lebens. Schluss mit dem gender-bending! Hurra! Klare Qualifikationsverteilungen! Nochmal ein bisschen *gähn*.
Insgesamt ist das Werk keineswegs revolutionär. Vor allem die zweite Hälfte ist zwar sehr laut doch recht spannungsarm. Einige Schnittfehler sind doch allzu offensichtlich. Der Film macht nicht Spass genug, um den eisernen Humanisten johlen zu lassen.
Immerhin bleibt die Marke Myers somit im Pulp-Kosmos erhalten. Einmal im Jahr darf man sich das ja leisten, solange man den Rest des Jahres mit good clean fun füllt.
11/04/2007
Tannöd, Andrea M. Schenkel
Im Wald, da sind die Räuber. Zwischen den Wäldern sind die einsamen Gehöfte. Die Geschichte trägt sich in der deutschen Provinz der 50er Jahre zu, eine unheimlich-schattenhafte Welt der Grosseltern zwischen dem Kriegsende und weit weg vom Wirtschaftswunder. Und freilich haben dann Verbrechen, die in jener temporal-spatialen Einsamkeit geschehen, eine ganz eigene Aura. Eine Hof-Besatzung wird dahingemetzelt und fragmentarische Augenzeugenberichte erschliessen dann den Tathergang für den Leser.
Könnte es sein, dass dies ein Bestseller ist, weil gestresste Städter nicht wirklich Zeit für normale Text-Längen haben? Jene läsen dann Tannöd um bei feinem Grusel die Unzulänglichkeiten im eigenen Lebenskosmos spielerisch auszuloten. Schenkel schreibt wunderbar und ein paar Seiten mehr hätten dem Werk bestimmt nicht geschadet.
Für die einen ist es nur Krimi, doch das ganze schürft schon ein wenig tiefer. Es bedient sich der Linien zwischen Einsamkeit, Verantwortung, Gemeinschaft und Legenden. Tannöd ist weder Herbstmilch noch Pater Brown in Bayern sondern ein auch an Schlafes Bruder erinnerndes feines kleines Textlein deutscher Neben-Geschichte. Ob das den Hype rechtfertigt?
"Stadl" heisst übrigens "Scheune." Das ist gut zu wissen.
Könnte es sein, dass dies ein Bestseller ist, weil gestresste Städter nicht wirklich Zeit für normale Text-Längen haben? Jene läsen dann Tannöd um bei feinem Grusel die Unzulänglichkeiten im eigenen Lebenskosmos spielerisch auszuloten. Schenkel schreibt wunderbar und ein paar Seiten mehr hätten dem Werk bestimmt nicht geschadet.
Für die einen ist es nur Krimi, doch das ganze schürft schon ein wenig tiefer. Es bedient sich der Linien zwischen Einsamkeit, Verantwortung, Gemeinschaft und Legenden. Tannöd ist weder Herbstmilch noch Pater Brown in Bayern sondern ein auch an Schlafes Bruder erinnerndes feines kleines Textlein deutscher Neben-Geschichte. Ob das den Hype rechtfertigt?
"Stadl" heisst übrigens "Scheune." Das ist gut zu wissen.
11/02/2007
The Fountainhead, Ayn Rand, Teil 1
Jagut, das ist ein dickes Buch. Deshalb erstmal nur eine Sichtung des ersten der vier Teile.
Der Roman stammt aus einer seltsamen Zeit: Amerika entdeckt zwischen den Weltkriegen die Hochhäuser und der sogenannte Fortschritt bekommt eine vertikale Dimension. Städte recken sich den Sternen entgegen. Architektur ist nach wie vor ein sehr ergiebiger Spielplatz für Metaphern. Raumerschaffung, Grenz(er)ziehung, Bögen spannen von da nach dort und über etwas hinweg. Yadda, yadda, yadda. Materiell fixierte Content Management Systeme.
Howard Roark und Peter Keating sind Architekten und haben entgegengesetzte Vorstellungen von ihrer Zunft. Letzterer schläft sich hoch; er sieht das glitzerne Business und passt sich an. Roark hingegen ist brutalstmöglicher Idealist und hackt sich lieber Arme ab statt am Bau rumzupfuschen. So simpel, so unterhaltsam.
Ist Roark Avantgardist? Purist? Zen-Meister? Humanist? Dann wohl halt Objektivist, aber in Rands eigener Lesart. Die Autorin nutzt den leicht lesbaren Roman nicht nur zur Unterhaltung sondern auch zur Erörterung ihrer philosophischen Grundansichten, die so verstaubt eigentlich nicht sind. Vielleicht sind die folgenden Teile ja anders. Mit diesen vielversprechenden ersten Seiten sollte das Weiterlesen nicht allzu schwerfallen. Da könnte grosses drinstecken in diesem Gebäude.
Bis jetzt hat Keating sich einen Chefposten er-mobbt und Roark scheitert an seinen hehren Zielen. Schaunwamal wer das Prinzesschen kriegt.
Der Roman stammt aus einer seltsamen Zeit: Amerika entdeckt zwischen den Weltkriegen die Hochhäuser und der sogenannte Fortschritt bekommt eine vertikale Dimension. Städte recken sich den Sternen entgegen. Architektur ist nach wie vor ein sehr ergiebiger Spielplatz für Metaphern. Raumerschaffung, Grenz(er)ziehung, Bögen spannen von da nach dort und über etwas hinweg. Yadda, yadda, yadda. Materiell fixierte Content Management Systeme.
Howard Roark und Peter Keating sind Architekten und haben entgegengesetzte Vorstellungen von ihrer Zunft. Letzterer schläft sich hoch; er sieht das glitzerne Business und passt sich an. Roark hingegen ist brutalstmöglicher Idealist und hackt sich lieber Arme ab statt am Bau rumzupfuschen. So simpel, so unterhaltsam.
Ist Roark Avantgardist? Purist? Zen-Meister? Humanist? Dann wohl halt Objektivist, aber in Rands eigener Lesart. Die Autorin nutzt den leicht lesbaren Roman nicht nur zur Unterhaltung sondern auch zur Erörterung ihrer philosophischen Grundansichten, die so verstaubt eigentlich nicht sind. Vielleicht sind die folgenden Teile ja anders. Mit diesen vielversprechenden ersten Seiten sollte das Weiterlesen nicht allzu schwerfallen. Da könnte grosses drinstecken in diesem Gebäude.
Bis jetzt hat Keating sich einen Chefposten er-mobbt und Roark scheitert an seinen hehren Zielen. Schaunwamal wer das Prinzesschen kriegt.
Planet Terror, Robert Rodriguez
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Der Ekel selbst ist ein bewährtes Thema für Arbeit, Spass und Spiel. Müllwerker und Psychoanalytiker haben mit Stoffen zu tun, die unangenehmst durch die Finger rinnen können, wenn man sie denn zur Halde schleppen will oder auch nur anfassen muss. Viele Regisseure reihen sich in die Arbeitsfront ein und versuchen verzweifelt, den Massen den Umgang mit den Biomassen zu erklären.
Es geht also um Blut, Schleim, Kotze, Husten, Knochenblubb und Glibber im Allgemeinen. Und wo kann man mit solchen Requisiten am ehesten punkten? Freilich im staubigen Südwest-Texas, fernab jeder Yankee-Hygiene. Da hört einen keiner schreien und die Flecken auf dem Boden verwehen fix und die Steaks sind auch noch exzellent.
Und das klingt jetzt besonders abstrus: wie auch bei Death Proof steht die Stärke der Weiblichkeit in diesem Machwerk im Mittelpunkt. Rodriguez huldigt aber der ikonenhaften Einheit des Bildes: ein Betty-Page-Klon mit automatischer Waffe statt eines Beines bedient schon eine enorm plumpe Metaphorik. Die Olle kann auch noch tanzen und das Schmollmündchen ist stets nett drapiert. Und Fergie wird zur Halbzeit der Hinterkopf weggefressen. Mahlzeit. Hyperfeminine Fleisch-Dekorationen.
Oft wird vergessen, dass Rodriguez einer der ersten aus Hollywood war und ist, der die gesamte Kapazität des Digitalkinos nutzen will. Der Herr hat ja auch Spy Kids gemacht, ein Werk das bisher keinen Eingang in den Konsumgraben fand. Kurzum: Planet Terror ist ein Heidenspass. Inhaltsmässig verarbeitet und hypt er das Genre-Kino der Vergangenheit, technisch ist er, ähem, richtungsweisend. So ist das nun mal.
10/31/2007
Die Fremde in Dir, Neil Jordan
Nie war die grossartige Mrs. Foster dem Schatten von Travis Bickle so nah. In vielerlei Hinsicht finden sich Parallelen, etwa bei der Angleichung des Outfits an die Wandlung des Charakters. Nach den ersten Erschiessungen (Mord ist anders, hu?) lässt sie die Jacken fallen. Sie will Schmauchspuren loswerden, sicher, doch auch will sie sich aus dem Kokon befreien und mit blanker Haut der schmutzigen Aussenwelt begegnen. Eine Taufe mit Blei und Blut. Dann, als sie ihren Kurs erkennt, kommt die Lederjacke. Dementsprechend derb ist die Tötung des fiesen Gangsters, der sie nie persönlich bedroht hat. Jodie braucht keinen Iro, dass will auch wohl keiner sehen.
Man bemerke hierbei Bacons Frisiermoment bei Death Sentence.
Foster ist erwartungsgemäss präsent in dieser Geschichte. Jede Einstellung ihrer Person drückt etwas aus und die deutsche Synchronstimme wirkt wie immer falsch und seltsam. Das Gewicht der Stimme kommt auch im Plot selbst zur Geltung, da Erica durchs Radio mit der Stadt zu sprechen versucht oder sie eben nur zum Zuhören bewegen möchte.
Leider ist der Film auf obskure Art und Weise unfreiwillig komisch. Komik ist ja immer gut, aber wenn Erica ihren Peiniger mit martialischen Sprüchen zu Leibe rückt, dann klingt das seltsam. Die Gewalt wirkt gleichzeitig verstörend banal und omnipräsent. War das Absicht?
Das Ende ist wunderbar. Der Abschaum muss sterben, so oder so. Der alptraumhafte Megaplex kann mit den gegebenen Kompetenzen der Exekutive nicht gereinigt werden. Filmtechnisch geht das auch in Ordnung, weil die Schläger einfach als Tiere dargestellt werden. Sie haben nicht genug screen time um dem Zuschauer irgendwie ans Herz zu wachsen.
Ethisch gesehen wird dem Zuschauer freilich die von Hollywood gewohnte stützende Hand vorenthalten. Ericas Wut ist nicht etwas, dass durch Tränen und Geigen und Zögern und dem Überreichen der Waffe getilgt werden kann. Heulkrämpfe lösen selten die Knoten der düsteren Vergangenheit, schön wär's. Dem Polizisten Mercer wäre durch Quengeln auch nicht geholfen.
Eine Wahrheit spricht der Film gekonnt NICHT an: Selbstjustiz ist letzlich das Ende der Zivilisation. Erica will keinen Richter, Mercer auch nicht. Staatliche Institutionen erweisen sich als obsolet. Ziemlich clever gemacht. Das Superhelden-Prinzip (caped crusader und so weiter) und noch viele andere Motive sind in dem Stoff versteckt - etwa die Rolle der bewegten Bilder dank Handy-Kamera, Hautfarben und die Überschneidung urbaner Sphären.
Was würden Rudy Giuliani oder einer von den junior thugs der Rütli-Schule dazu sagen?
Man bemerke hierbei Bacons Frisiermoment bei Death Sentence.
Foster ist erwartungsgemäss präsent in dieser Geschichte. Jede Einstellung ihrer Person drückt etwas aus und die deutsche Synchronstimme wirkt wie immer falsch und seltsam. Das Gewicht der Stimme kommt auch im Plot selbst zur Geltung, da Erica durchs Radio mit der Stadt zu sprechen versucht oder sie eben nur zum Zuhören bewegen möchte.
Leider ist der Film auf obskure Art und Weise unfreiwillig komisch. Komik ist ja immer gut, aber wenn Erica ihren Peiniger mit martialischen Sprüchen zu Leibe rückt, dann klingt das seltsam. Die Gewalt wirkt gleichzeitig verstörend banal und omnipräsent. War das Absicht?
Das Ende ist wunderbar. Der Abschaum muss sterben, so oder so. Der alptraumhafte Megaplex kann mit den gegebenen Kompetenzen der Exekutive nicht gereinigt werden. Filmtechnisch geht das auch in Ordnung, weil die Schläger einfach als Tiere dargestellt werden. Sie haben nicht genug screen time um dem Zuschauer irgendwie ans Herz zu wachsen.
Ethisch gesehen wird dem Zuschauer freilich die von Hollywood gewohnte stützende Hand vorenthalten. Ericas Wut ist nicht etwas, dass durch Tränen und Geigen und Zögern und dem Überreichen der Waffe getilgt werden kann. Heulkrämpfe lösen selten die Knoten der düsteren Vergangenheit, schön wär's. Dem Polizisten Mercer wäre durch Quengeln auch nicht geholfen.
Eine Wahrheit spricht der Film gekonnt NICHT an: Selbstjustiz ist letzlich das Ende der Zivilisation. Erica will keinen Richter, Mercer auch nicht. Staatliche Institutionen erweisen sich als obsolet. Ziemlich clever gemacht. Das Superhelden-Prinzip (caped crusader und so weiter) und noch viele andere Motive sind in dem Stoff versteckt - etwa die Rolle der bewegten Bilder dank Handy-Kamera, Hautfarben und die Überschneidung urbaner Sphären.
Was würden Rudy Giuliani oder einer von den junior thugs der Rütli-Schule dazu sagen?
10/29/2007
Desperation, Mike Garris
Und nun ist tatsächlich ein TV-Movie auf DVD hier vor die Flinte gelaufen. Die bescheidenen Erwartungen wurden zumindest nicht unterschritten. Doch wenn man zuvor Romeros Klassiker schaut, dann kann diese Stephen-King-Verfilmung nur abstinken.
Nichts gegen Mr. King. Wer verkauft, hat recht. Keine Frage. Und King nimmt ja eine seltsame Rolle zwischen Roman und Film ein: Schreibt er Filme auf oder gleich Drehbücher? Bei King und seinem Unterhaltungsauftrag stehen Hoch und Tief nah beieinander. Duddits ist Klump in Text und Bild und Es beeindruckte ganze Kinderkohorten durch sein Auftauchen im TV. Shining wiederum ist grossartig in Text und Bild. Ja gut, Kubrick kann wohl auch keinen wirklich schlechten Film drehen.
Achso, Desperation: Ein Dorf in der Ödnis und eine Bedrohung aus der Unterwelt. Das King-typische Ende und ein überlebender Knabe und eine ältliche Autorengestalt. Mehr vom gleichen. Insgesamt scheint Desperation ein kleiner Remix von Night of the Living Dead zu sein, nur mit mehr Budget und der Absicht, eine familienähnliche Zielgruppe von Werbeblock zu Werbeblock zu begleiten.
Nichts gegen Mr. King. Wer verkauft, hat recht. Keine Frage. Und King nimmt ja eine seltsame Rolle zwischen Roman und Film ein: Schreibt er Filme auf oder gleich Drehbücher? Bei King und seinem Unterhaltungsauftrag stehen Hoch und Tief nah beieinander. Duddits ist Klump in Text und Bild und Es beeindruckte ganze Kinderkohorten durch sein Auftauchen im TV. Shining wiederum ist grossartig in Text und Bild. Ja gut, Kubrick kann wohl auch keinen wirklich schlechten Film drehen.
Achso, Desperation: Ein Dorf in der Ödnis und eine Bedrohung aus der Unterwelt. Das King-typische Ende und ein überlebender Knabe und eine ältliche Autorengestalt. Mehr vom gleichen. Insgesamt scheint Desperation ein kleiner Remix von Night of the Living Dead zu sein, nur mit mehr Budget und der Absicht, eine familienähnliche Zielgruppe von Werbeblock zu Werbeblock zu begleiten.
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