1/18/2008

I am Legend, Francis Lawrence

Lawrence hat der Welt die Verfilmung von Constantine beschert, in der Keanu Reeves eher zögerlich versucht hat, sich vom Schatten des Mr. Anderson loszuspielen. Smith hat nicht nur als Ulknudel und Hip-Pop-Musikant Geld verdient sondern ist durch ID4 zum Oberliga-Hollywoodhelden erhoben worden. Eines Tages wird er Präsident.

Und nun alle zwei zusammen in einer weiteren Verfilmung des Romans von Matheson. Und siehe da: es klappt.

Der unvorbereitete Kinogänger mag von der entvölkerten und dialogarmen Zukunft in Manhattan und der daraus resultierenden Überpräsenz von Smith verstört sein. Doch das gehört sich so. Die Veränderungen am Plot sind durchweg sinnvoll und stimmig. Smith ist freilich als Ikone erkennbar, doch er macht seine Sache gut: graue Stoppeln, zweifelnder Blick und ganz viel ehrliche Hundeliebe zeichen ihn aus.

Die Zeit hat geschrieben, dass die Mutanten nicht gut aussehen. Das kann hier im Graben nicht nachvollzogen werden. Man hat ja bewusst einen Science-Fiction- und keinen Horror-Alptraum zitieren wollen. Desweiteren muss man den Film als nordamerikanischen Blockbuster und somit als filmisches Größt-Produkt erkennen: spätestens die englischen 28 Days bzw. Weeks haben die Symbolik der degenerierten hungrigen Massen aus der B- und C-Sektion des Films geholt. Hollywood hätte die Mutanten nicht anders darstellen können. Viel Schleim und Gedärm geht in Amerikas Kinos nicht. Also Daumen hoch für Nackten mit der Rasselatmung: haarlos wie die Maus mit dem Ohr auf dem Rücken sind sie, haarlos wie die Hundemenschen zum Kuscheln von Patricia Piccinini.

Ausgezeichnet, gern wieder. I am Legend ist nicht mehr aber auch nicht weniger als die Vorlage. Nur irgendwie seltsam dass der ebenfalls positiv zu bewertende I, Robot (2004) auch mit der ersten Person Plural beginnt. Wie gesagt: Will wird in der Welt von morgen ein Anführer.

Das ganze bei IMDB.

1/15/2008

Elizabeth: The Golden Age, Shekhar Kapur

Die Werbung hat nicht funktioniert. In den Spots, denen in den letzten Wochen nicht ausgewichen werden konnte, wurden Seeschlachten und Sturm und Täterä angepriesen. Modern-betuliche Historien-Schinkerei eben. Dabei spielt der Film eigentlich eher drinnen und es gibt sehr wenig Schinken.

Die Szenen selber sind interessant, doch sie wirken lose zusammengesetzt. Die königliche Garderobe ist grandios, klar. Doch sie zieht die Aufmerksamkeit arg aufs Jetzt und die historischen Umständen rücken in den Hintergrund. Amerika, Glaubenskrieg, Renaissance-Chic und das Mary-Stuart-Manöver werden in Einzelszenen prägnant abgefrühstückt. Was für's Auge. Schon OK. Das ist eben die Crux mit der Materie auf der einen und der Dramaturgie auf der anderen Seite. Konsumenten ohne jedwedes Interesse an Geschichte finden viele Anleihen beim Herrn der Ringe (Klamotten, Blanchett, Fernmelde-Feuertürme). Somit ist die Chronologie vollkommen ausgesetzt und der Verwirrung genüge getan.

Elizabeth: The Golden Age ist wie das Deckblatt zu einem ausschweifend dicken Geschichtsbuch, wie man es Jung und Alt gut unter den Weihnachtsbaum legen kann. Genau nachlesen muss man wie immer selber.

1/09/2008

Go Tell It on the Mountain, James Baldwin

Diese Geschichte befasst sich mit Enge. Das autobiographisch geprägte Debüt von Baldwin beleuchtet die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts im farbigen Amerika. Das riecht alles ein wenig nach Englisch-LK, doch die Lektüre selbst ist weitaus bereichernder als institutionelles Doku-tainment.

Gospel hat freilich seine Spuren in der Unterhaltungsmusik hinterlassen. Fröhliche Menschen klatschen und singen und machen eine Art Erlebnisgottesdienst. Baldwins Buch hat damit und mit Pop nichts zu tun: hier wird nicht unterhalten, hier wird gebetet. Die Bewegungen des Körpers entsprechen dem rocken und dem rollen der Seele im Menschenleib - es ist Knochenarbeit im Fundament von Gottes Haus.

All das erzählt Baldwin in mehreren Teilen. Der Protagonist John soll Priester werden, muss sich aber mit den scharfen Kanten seiner zerbrochenen Familie auseinandersetzen. Die Gebete von drei Familienmitgliedern beleuchtet deren Herkunft und man beginnt, ihre Narben zu verstehen. Die Enge in einer von Weißen zusammengestauchten Lebenswelt macht Johns Leben noch klaustrophobischer - sein Bruder geht mit diesem Druck ganz anders um.

Wer auf den Berg hinauf will, der muss einen kniffligen Aufstieg wagen. Man kann mehrere Pfade wählen. Oben wird es kälter und einsamer und man ist weiter weg vom feuchten Morast der mit der Zeit angesammelten Dinge - hier entspricht die Bildsprache durchaus Suttree. Und ist man einmal auf dem Berg, dann muss Zeugnis abgelegt werden. Der Bergsteiger wird sein eigener Isaak. Die Stimme muss stark genug sein, damit sie auch hinunter ins Tal findet.

Baldwin hat die Enge in den USA bald nicht mehr ertragen und ging nach Frankreich. Von diesem Berg aus hat er dann immer wieder seine Stimme erhoben.

Eastern Promises, David Cronenberg

Ah, endlich wieder Kino.

Cronenbergs jüngstem Streich tut die große Leinwand gut, denn sein Film ist explosions- und fanfarenfrei. Diese Nüchternheit könnte auf DVD oder gar im TV untergehen, wenn es nicht dunkel genug ist.

Aber nüchtern heißt nicht seicht, im Gegenteil. Wie schon bei History of Violence ist der Rückzug für die einzelnen Charaktere des Films bald nicht mehr möglich. Sie und die Zuschauer müssen einiges aushalten: die Kamera hält wie üblich eiskalt da drauf, wo bei anderen Thrillern der Schnitt kommt.

Dafür werden Körper geschnitten sowie gestossen und gezerrt. Der ideelle und der materielle Wert von Blut steht im Fokus: erst ist da das Rot der offenen Kehle, dann das blutig verschmierte Neugeborene. Rasiermesser und Nabelklemme sind Werkzeuge des Endes und des Anfangs. Materiegebundener Existenzialismus, hu? Gegen Ende des Films gibt es kurz das Bild der weihnachtskonformen Familie, inklusive unbefleckter Empfängnis und seltsam isoliertem Joseph. Die Gangstersippe hingegen ist von Anfang an verflucht: wo Frauen wie Taschentücher benutzt werden können nur solche Irren wie Kirill entstehen.

Der Zuschauer ist zuckender Voyeur und das leise Aufstöhnen im Kinosaal verrät den prickelnden Masochismus der Konsumenten.

Man kann noch viel mehr sagen über den Film. Viggo und alle anderen sind wieder sehr gut, obwohl sie keine Russen sind. Organisiertes Verbrechen mit Migrationshintergrund wird ebenfalls tapfer beleuchtet. Hier auch wieder das Stichwort Körperwirtschaft: einmal gestorben ist da nur noch eine leere Hülle die dann mit diversen Codes in Form von groben Tattoos versehen werden kann. Die Nacht der wandelnden Toten? Irgendwie schon.

1/07/2008

Battle Royale, Koushun Takami

Definition von Our Lady of Pseudo-Know:

Battle royal (plural battles royal) traditionally refers to a fight involving three or more combatants which is fought until only one fighter remains standing. In recent times the term has been used in a more general sense to refer to any fight involving large numbers of people that are not organized into factions. Within combat sports, the term has a specific meaning, depending on the sports being discussed.

Der Sport, um den es hier geht, ist freilich Mord. Der Roman ist ein Reißer der sich zwischen Lord of the Flies und Running Man einfindet: mehrere Dutzend Schüler werden durch eine obskure diktatorische Regierung dazu gezwungen, sich unter Zuhilfenahme ausgeloster Waffen auf einer Insel zu dezimieren.

Eine unglaublich krude Ästhetik lässt die Lektüre zu einem (im Nachhinein betrachtet) seltsamen Erlebnis werden. Es kann hier freilich nicht überprüft werden, ob das japanische Original auch in einer teils so grotesken Sprache verfasst wurde doch die deutsche Version wartet mit einigen seltsamen Formulierungen auf. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber an die unprätentiösen Massakerepisoden. Hier ist Battle Royale ganz Ego-Shooter. Gesundheitsbalken hier, Munitionsstand dort und ab dafür.

Das Werk zielt sehr direkt auf die internationale Action-Unterhaltung-Franchise-Maschine. Teenager erleben die Körperwelt und unter Anspannung überlagert oder verdrängt die Initiation in Gewaltspiralen jegliches sexuelles Erwachen. Das ging schon immer gut. Der Stoff wurde recht flux verfilmt und sowohl Sequels als auch Manga-Versionen folgten.

Wo ist denn Herr Anspruch? Hat den wer gesehen? Nicht auf Takamis Todesinsel.

Die 600 Seiten dauernde Zermalmung einer Schulklasse durch sich selbst unterhält durchaus. So wie Saw und das jüngst konsumierte Running Scared braucht man einen robusten Magen und Freude an simpler Totschlagslogik. Wie so oft ist die sogenannte Kontroverse drumrum fast interessanter als der Stoff selbst. Wer raubt hier wem die Unschuld: die skrupellosen Filmproduzenten den verderblichen Zuschauern oder die zahlreichen Fans den aufgescheuchten Moralisten?

Darauf eine Salve aus der Uzi.

1/06/2008

Running Scared, Wayne Kramer

Eine der positivsten Überraschungen seit langem. Erwartet wurde ein preiswert-blutiges B-Movie Gemetzel bei dem Last Boy Scout zu oft zitiert wird und am Ende das unbeschmutzte Gute gewinnt.

Doch weit gefehlt!

Die Geschichte wird angenehm schnell erzählt und einige wilde Kamerafahrten sorgen für ungeteilte Aufmerksamkeit. Die Splatter-Zitate am Anfang weisen den Weg doch nehmen sie das Ende nicht vorweg.

Running Scared begreift sich als Genre-Film und Kramers großes Anliegen ist es, diejenigen Zuschauer zu vergraulen, die auch mit Charlie Huston oder Death Sentence wenig anfangen können. Noir und Pulp brillieren mit wenigen Zutaten: Autos, Telefone sowie Waffen aller Art und genug Gründe für das Benutzen selbiger. Vom Zuschauer wird lediglich verlangt, obskure Zufälle und die comic-artigen Charaktere im Garden State zu akzeptieren.

Das Schauen solcher Filme bringt niemanden irgendwie weiter, doch das macht die Dinger so symphatisch ehrlich. Volljährig sein kann so gut sein. Die Altersfreigabe ab 16 ist allerdings ein ziemlich schlechter Scherz.

1/03/2008

Superman Returns, Bryan Singer

Re-Vision nach dem Erstkonsum im Kino Nummer Zwei. Ein Goldjunge ist er schon. Richtig super wird er in Szene gesetzt da die Flugszenen so betont werden und er immer leicht steril wirkt unter den ganzen Normalsterblichen.

Wie beim Spielberg-Spektakel geht es um die Masse für die Masse: die allverschlingenden Blutgerinsel sind hierbei wuchernde Kryptonkristalle. Freilich rettet der Messias mit Hitzeblick ein abstürzendes Flugzeug vor den Augen vieler, nämlich in einem Baseballstadion. Ein schöner Verweis. Jener Sport gebar damals, als die Action Comics ihren Siegeszug antraten, die berühmten Sammelkarten. Der unmündige junge Mensch bekam seine Kaufkraft und erschuf Ikonen wie Babe Ruth oder eben Kal-El.

Auch schön das direkte Bildzitat mit dem Auto über dem Kopf des Stählernen, Rücklicht in der Höhe. Und außerdem noch das Springen des Teenagers: Superman konnte lange Zeit nicht fliegen sondern bewegte sich fort wie Marvel’s Hulk.

Besorgt sich ein Atheist (oder Metatheist) wie Kal-El eigenlich einen Tannenbaum im Dezember? Seine Festung der Einsamkeit ähnelt Santa's Hütte am anderen Pol schon ein wenig; ein Ort des Stillstands, ein Hafen der Einfarbigkeit und der Ruhe.

Krieg der Welten, Stephen Spielberg

Re-Vision nach dem Erstkonsum im Kino Nummer Eins. Auffallend ist die Aufteilung des Bildschirms. Der Film ist absolut 4:3 kompatibel. Herr S. weiß, was ihn groß machte: die Glotze ist stets auch Werbeträger für Kinoprodukte und die Marke des Regisseurs. Die ganze Familie auf dem Sofa und im Marketing: hier wird kein Spät-/Endkonsument durch abgeschnittene Bilder abgestraft und an die Beiläufigkeit seines Filmkonsums erinnert. Danke, Herr Kaminski.

Inhaltlich auffallend ist die Invasion der Dinge und der Gesichter, die an- und abklingt: zunächst gibt es vollgestopfte Wohnungen, dynamische Straßenbilder und wuselnde Menschenmassen. Dann geht’s ab durch die Nacht in die Klaustrophobie des Kellers. Daddy Cruise und seine Kinder fliehen von der Vielheit ins Dunkle. Am Ende wird die Welt von Blutgerinseln überzogen und erstarrt in einheitlichem Dunkelrot. Der Sieg wird dann wieder erst bei Tageslicht und im staubigen Chaos der (bewaffneten) Masse deutlich. Die letzte Szene findet folgerichtig auf einer intakten, aber leeren Straße statt und an der Schwelle zum Heim, zur Wohnung, zum Ort der Sofas und der Bildverarbeitung.

Das Fest der Massen welches das Heim und die entsprechende Konsumfront huldigt verlangt nach Produkten wie "Krieg der Welten".

12/29/2007

Into the Wild, Jon Krakauer

Coming of Age, schon wieder. Doch nein: eher gleich Coming of Death. Krakauer hat ein längeres journalistisches Essay geschrieben welches Leben und Ableben des zornigen jungen Mannes Chris beleuchtet. Selbiger reiste mit Tolstoi, Gogol und einer second-hand-Flinte in die Wildnis Alaskas und verhungerte dort in dem Wrack eines Busses. Jaja, die wilden neunziger.

So weit, so finster die Geschichte. Doch sie ist doppelbödig. Gab es Chris wirklich? Schreibt Krakauer als Krakauer? Hier wurde absichtlich keinerlei Recherche betrieben, um die Lektüre so nüchtern wie möglich zu gestalten. Kann alles stimmen, muss aber nicht.

Zwei gequälte Seelen. Zum einen ist da Chris: zuviel gelesen, zuviel gezweifelt, zu sehr in die Arme des sibirisch-markigen Literaturpatriarchats getrieben. Jahre trampt er umher ohne wirkliche Ahnung. Er feiert sich selbst und stirbt jämmerlich. Er hat Jack London nie als großen Leider begriffen. Der Elch ist eigentlich ein Karibu und Inkompetenz kann nur zu den falschen Früchten führen. Zum anderen ist da Krakauer: als Alpinist, Naturbursche und Investigator steht er sich Fragen bezüglich Chris’ Drama und kommt letztlich bei sich selber an.

Warum muss (junge) Männlichkeit sich der Natur so unwirsch nähern? Sucht Mann Absolution, Ernüchterung oder Rausch? Der Autor benennt viele ähnliche Schicksale und Bedürfnisse: er erwähnt auch Thoreau und Konsorten nicht nur beiläufig. Wie legitim sind Nationalparks als Fight Clubs? Into the Wild ist das erste Werk, das von Chuck Palahniuks Lektüreliste konsumiert wurde.

Achso: bald kommt der Film. Der Weg wird kein leichter sein, denn Sean Penn wird einem wohl das Herzlein brechen. Den Soundtrack machte Eddie Vedder, der Anfang der neunziger auch einiges um die Ohren hatte.

300, Zack Snyder

Doch, das ist ein Weihnachtsfilm. Denn zu Weihnachten ist die Welt auf die Stabilität des Zuhauses reduziert und die Welt sinkt in leise simmernde Dümpfe hinab. Und dumpf, hui, das ist 300 mit Wonne und Pracht. Die eigene Plautze wird zum Rollcontainer bei soviel Pfunden Kriegsfleisch, aber egal: die sterben da und wir hier beileibe (ha!) nicht.

Der Film macht immer noch Spaß, so wie eben Comics Spaß machen können. Die zahlreichen Verwurstungen des Neo-Grind-Schinkens machen natürlich auch Spaß. Vor allem South Park wäre da zu nennen: der gender-gebendete Mr. (also Mrs.) Garrison wird lesbisch und verteidigt seine neue Lieblingsbar gegen die neuen persischen Besitzer. Ausgezeichnet. Spaß, Spaß, Spaß.

Es sei noch bemerkt, dass die Verwurstung von alten Spielzeugserien recht lukrativ ist. Somit bleibt zu hoffen, dass Transformers 2 von einem zeitgemäßen He-Man gefolgt wird. Hope dies last, sucker. Die Gerüchte sind jedenfalls da draußen und Skeletor ist bestimmt voll gruselig, im Gesicht und so. Fast wie ein Perser.

Suttree, Cormac McCarthy, pt. 2

Am Ende merkt man, dass Suttree nicht als enger Plot sondern als collagenhaftes Panorama geschrieben wurde. Aber selten ist das so großartig wie hier.

Nach diversen weiteren Eskapaden verschwindet Suttree. Ein Toter liegt in seinem Bett und der Morast schluckt seine Spuren. Zuvor war er in die Stadt gezogen, ist mit einer Prostituierten zusammengekommen und wurde sehr krank. Die Stadt hat ihn vergiftet und sein Leben am Fluss unmöglich gemacht. Das Gift mag er ausgespien haben, doch ein kalter Fleck bleibt.

In seinem Romanen bewegen sich McCarthys Protagonisten entweder zwischen Wüstenstaub oder Uferschlamm. Letzterer wird bei Suttree mehr als nur geworfen. So wie bei Blood Meridian etwa die Wüstensonne das Leiden in die Knochen hineintrocknet so dringt die alte Nässe des Flusses durch die Haut der Schiffbrüchigen und trübt Sicht und Seele gleichermaßen.

Ein weiteres herrliches, weises und wichtiges Buch von McCarthy. In einigen Jahren wird es wieder gelesen. Mal sehen, was es dann anrichtet.

Welch unverhohlener Hype.

12/23/2007

Leben mit Fleisch

Es gibt ein frisches Magazin da draußen welches dem Geist des Konsumgrabens in vielerlei Hinsicht entspricht.

Es ist das meatpaper und kommt sowohl geschnitten als auch am Stück. Auf den ersten Blick scheint es aber über derlei Kalauer erhaben zu sein. Im Geleitwort fasst man zusammen: "It’s a full-blown fleischgeist out there."

In der Zwischenzeit wurde Suttree fast fast fast ausgelesen. Einige Kapitel mussten vor lauter Frohlockung doppelt gelesen, einige Sätze laut gesprochen werden. Die nächste Sitzung bringt die letzten Seiten und unter konvulsischen Zuckungen wird hier dann auch ein Abschlusswort vermerkt.

So. Immer noch keine Bescherung. Hoffentlich schieben die Raupen mit den Gaben den Graben nicht ganz zu, so dass ein Durchkommen noch möglich ist. Stillstand ist der Tod und Fleisch ist auch nur eine flüchtige Molekülkombination.

Es ist immer Mahlzeit.

12/20/2007

Saisonbedingte Ausfälle

Zu gewissen Zeiten im Kalendarjahr muss man sich stetig präsenten Ängsten stellen. Und es gibt ja zweifellos wenige Menschen auf der Welt die bedrohlicher sind als Billy Idol. Das war so und das wird immer so sein.

Billy ist mit der Gabe der Lungenentzündungsimmunität gesegnet. Deswegen braucht Billy auch nie einen Schal oder die oberen fünf Knöpfe vom Hemd. Billy hat nie etwas zu verschenken gehabt und sein Musikant trägt die Sonnenbrille nur weil Billy ihm soeben die Augen herauskaute.

Billy freut sich so weil hinter der Kamera ein Bus voller Klosterschüler brennt.



Ist das ein Symptom? Ist das ein Zeichen? Ist das die letzte Warnung oder der Anfang vom Ende? Hoffentlich ist Billy auf unserer Seite.

Mehr infame Jahresendzeittracks bei der Times Online.

Todeszug nach Yuma, James Mangold

Warum Western? Weil sie das wohl gnädigste Vehikel für klassische Dramatik sind. Die Bühne ist vorgefertigt und jedes neue Werk kann sich wahlweise ins Genre einnisten oder es in Frage stellen.

Mangold hat auch Cop Land und Walk the Line gemacht. Die Stilisierung von hadernden Herren scheint ihm im Blut zu liegen. Hier sind es Bale und Crowe, die sich ein knackiges Duell liefern, wie es in so vielen Western abläuft: der ehrliche Farmer ist verkrüppelt und arm und nur der Gesetzlose kann sich kultivieren und sich die Freiheit nehmen, die das Land verspricht. Wie bei Jesse James wird die Frage der nachwachsenden Männlichkeiten auch angesprochen: der respektlose Farmerssohn lernt seine Lektion doch der psychopathische Robin des Gangsters hat keine Zukunft mit seinem haltlosen Lebensstil. Unheil ist für alle da, doch nur einige haben die richtigen Strategien dagegen.

Yuma hat jede Menge Abstand zu Jesse James, Western/Fanboy-Schema/Todeszelebration hin oder her. Yuma ist griffiger, ruppiger und geradliniger. Die Bilder von Jesse sind herber, frischer und verstörend elegisch. Aber Kumpanenwirtschaft, die Logik von Revolvern und Dynamit sowie die tickende Uhr bleiben Grundmotive in Yuma und anderswo.